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Der Kuaför aus der Keupstraße

Folgen eines Anschlags

DER KUAFÖR AUS DER KEUPSTRASSE zeigt die Folgen des Bombenanschlags in einer Kölner Straße, in der sich zahlreiche türkische Geschäfte befinden. Opfer werden zu Verdächtigen und jahrelang von der Polizei traktiert, bis sich eine Neonazi-Gruppe als Täter erweist.

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Am 9. Juni 2004 explodierte vor Özcan Yildirims Friseursalon in der Kölner Keupstraße eine Nagelbombe. 22 Menschen wurden verletzt, unter ihnen auch Öczan Yildirims Bruder Hasan, der abwechselnd mit seinem Bruder im Geschäft arbeitete. Von allen Opfern der Naziterror-Gruppe um Mundlos, Böhnhart und Zschäpe wurden die Yildirims vermutlich am meisten von der Polizei traktiert. DER KUAFÖR AUS DER KAUPSTRASSE, ein Dokumentarfilm von Andreas Maus, konzentriert sich auf die Opfer und deren Wahrnehmung des Anschlags und seiner Folgen. Die Yildirim-Brüder und ihre Familien wurden sofort nach dem Anschlag und danach immer wieder verhört. Unbedingt sollte ein Zusammenhang zur Türsteher-Szene nachgewiesen werden, oder auch ein Versicherungsbetrug. Auch andere Geschäftsleute aus der Keupstraße und ihre Kunden gerieten ins Visier der Fahnder. Ein Juwelier musste doch Verbindungen zur Mafia haben? Ein kräftig gebauter – und beim Anschlag schwer verletzter - Taxifahrer konnte nur ein kriminelles Element sein. Später sieht man den riesigen Mann über einem Ordner brüten, mit zitternden Händen und Tränen in den Augen. Ich sammele alles, sagt er, das hilft, damit klar zu kommen. Aber klargekommen ist noch keines der Opfer. Es gab zwar jede Menge Promo-Besuche von Politikern, aber keine Hilfen für die traumatisierten Anwohner der Keupstraße. Andreas Maus‘ Film fragt auch nach, warum die Kölner Polizei ausschließlich im Umfeld der Opfer ermittelte, und Hinweise auf den rechtsextremistischen Hintergrund des Anschlags ignorierte. Dabei beißt der Film auf Granit, die Verantwortlichen haben nur ein Achselzucken übrig. DER KUAFÖR macht deutlich, dass der Antirassismus der deutschen Obrigkeit erst einsetzt, als der Fall geklärt scheint. Dann zwar mit Getöse, aber nur symbolpolitisch und ohne konkrete Folgen.

Hannes Stein

Details

Deutschland 2016, 92 min
Sprache: Deutsch, Türkisch
Genre: Dokumentarfilm
Regie: Andreas Maus
Drehbuch: Andreas Maus, Maik Baumgärtner
Kamera: Hajo Schomerus
Schnitt: Rolf Mertler
Musik: Maciej Sledziecki
Verleih: Real Fiction Filmverleih
Darsteller: Taner Sahintürk, Atilla Öner, Sesede Terziyan
FSK: oA
Kinostart: 25.02.2016

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