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Der Fall Richard Jewell

Eastwoods geschmähte Helden

Der Wachmann Richard Jewell entdeckt 1996 eine Bombe bei den Olympischen Spielen in Atlanta und wird zunächst gefeiert, später aber von den Behörden und den Medien in die Mangel genommen.

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Clint Eastwood haben es in letzter Zeit vor allem US-Amerikaner angetan, die zuerst von der Öffentlichkeit gefeiert und dann von den Behörden, den Medien oder dem eigenen Gewissen in die Mangel genommen werden. AMERICAN SNIPER, Eastwoods fragwürdiges Porträt eines der unfehlbarsten Elite-Scharfschützen des US-Militärs, gehört dazu, sowie SULLY über den Flugkapitän, der im Winter 2009 ein vollbesetztes Passagierflugzeug sicher auf dem Hudson River notlandete und sich danach dafür rechtfertigen musste. DER FALL RICHARD JEWELL liegt in dieser Trilogie irgendwo dazwischen. Hingebungsvoll verkörpert Paul Walter Hauser darin jenen Wachmann, der im Sommer 1996 bei den Olympischen Spielen in Atlanta ein schweres Bombenattentat verhinderte und anschließend zum tragischen Opfer einer falschen Anklage und des darauf folgenden medialen Fegefeuers wurde. Doch Eastwood macht es sich zu einfach, wenn es um die Darlegung der Fakten und einige der eingebauten Fiktionen geht. Vor allem das Verhältnis zwischen dem FBI und der Presse sowie die Charakterisierung einiger Nebenrollen wirken unglaubwürdig und klischeehaft. Es scheint mitunter so, als würde dem Meisterregisseur die Schärfe und Brillanz seiner früheren Werke heute zunehmend spürbar abgehen. Dennoch gelingt es Eastwood in der gewohnt formal reduzierten Art, das Unglück eines Mannes darzulegen, der alles für sein Land tun würde, aufgrund seiner Statur und seiner Eigenheiten für das FBI aber viel besser ins Profil des Terroristen passt. Sam Rockwell spielt den legeren, aber mitfühlenden Anwalt des zu Unrecht Angeklagten mit Esprit und Elan, während Hauser Jewells haarsträubende Naivität mit einer angemessen stoischen Gelassenheit vor sich herträgt. Ihre Zwiegespräche sowie Jewells Unfähigkeit, die vereinbarten Verteidigungstaktiken auch nur annähernd zu befolgen, gehören zu den stärksten Momenten des Films.

Pamela Jahn

Details

Originaltitel: Richard Jewell
USA 2019, 131 min
Genre: Drama
Regie: Clint Eastwood
Drehbuch: Billy Ray
Kamera: Yves Bélanger
Schnitt: Joel Cox
Musik: Arturo Sandova
Verleih: Warner Bros.
Darsteller: Paul Walter Hauser, Sam Rockwell, Kathy Bates, Jon Hamm, Olivia Wilde, Nina Arianda
FSK: 12
Kinostart: 25.06.2020

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