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Deckname Jenny

Linke Geschichte

Eine junge Frau, „Deckname Jenny“ schließt sich einer militanten autonomen Gruppe an, die zwei Anschläge plant. Als die Aktion zu scheitern droht, übernimmt „Jennys“ Vater, der einst bei den Revolutionären Zellen aktiv war, das Kommando.

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Enthält Spoiler. Anders als die vielen Filme, die in den letzten Jahren die radikal linke Tradition beerdigt haben, will der crowd-finanzierte Film DECKNAME JENNY von Studierenden der selbstverwalteten Filmschule Filmarche und der Regisseurin Samira Fansa (VERDRÄNGUNG HAT VIELE GESICHTER) daran anknüpfen. Samira Fansa ist auch durch den Farbbeutelwurf auf den grünen Außenminister Joseph Fischer bekannt, der beim Bundesparteitag 1999 die Partei auf den Krieg in Bosnien und Nato-Auslandseinsätze der Bundeswehr einschwor. Nun gibt es allerdings gute Gründe, derentwegen linke Filmemacher nach anderen Formen als denen des klassischen Erzählkinos gesucht haben. Das klassische Hollywoodkino ist ein Kino der Affekte, für die Darstellung von politischen Ideen und Strategien eignet es sich schlecht. DECKNAME JENNY erzählt auf sehr traditionelle Weise von einer jungen Frau, „Deckname Jenny“, deren Mutter jung an Krebs stirbt und die sich mit Mitte 20, noch bei ihrem Vater wohnend, einer militanten autonomen Gruppe anschließt, die zwei Anschläge plant: Der Speicher eines Chemiekonzerns soll gesprengt werden und mit der Zentrale von Vattenfall soll auch die europäische Grenzsicherung „plattgemacht“ werden. Als die zweite Aktion zu scheitern droht, übernimmt „Jennys“ Vater das Kommando. Der war einst mit seiner verstorbenen Frau bei den Revolutionären Zellen/Rote Zora aktiv und sucht alte Freunde auf, zunächst, weil er sich Sorgen um seine Tochter macht, dann, weil ihn doch wieder der Revoluzzer-Eifer packt, als er alte Genossen wiedertrifft. Das ist so weit, nach den endlosen 68er-Distanzier-Filmen, immerhin mal eine andere Perspektive. Allerdings wirken die jungen Aktivist*innen ebenso eitel und humorlos wie dusselig, die alten reproduzieren ein sehr bizarres Macho-Pathos. Immerhin gibt es einige interessante Verweise auf die linke Geschichte, wie den Umbruch, den der Tod des RZ-Mitglieds Gerd Albartus bedeutete.

Hannes Stein

Details

Deutschland 2017, 108 min
Genre: Drama
Regie: Samira Fansa
Drehbuch: Samira Fansa
Schnitt: Andre Weinreich
Musik: Guts Pie Earshot
Darsteller: Sarah Graf, Ulf PeterSchmidt, Jörg Messerschmidt, Detlef Neuhaus, David Schellenberg
Kinostart: 19.04.2018

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