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Cloclo und Ich

Erinnerungen an eine Tricksterfamilie

In einem farbenfrohen Essay erzählt Stefano Knuchel von seiner kapriziösen, siebenköpfigen Familie und einer Kindheit auf der Flucht. Zwanzig Jahre sind die Knuchels immer weiter gezogen statt Miete zu zahlen. Wilde Partys wurden gefeiert, Nachtclubs eröffnet und trotz Schulden herrschten Eleganz und Lebensfreude.

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In einem persönlichen, farbenfrohen Essay erzählt Stefano Knuchel von seiner Kindheit auf der Flucht mit einer kapriziösen, siebenköpfigen Familie. Die Knuchels haben in Villen und Vorortsiedlungen residiert, in Spanien, Frankreich, Belgien und dazwischen immer wieder im Tessin, Ausgangspunkt aller „Taschenspielertricks“ des Vaters. Zwanzig Jahre lang sind sie immer weiter gezogen statt Miete zu zahlen. Wilde Partys wurden gefeiert, Nachtclubs eröffnet und trotz Schulden herrschten Eleganz und Lebensfreude. Und selbst in der kleinsten Hütte hatte eine Hausbar Platz. Nur bei den Kindern schlich sich irgendwann leiser Zweifel ein, das Gefühl, dass die banale Realität dieses windige Kartenhaus aus Absurdität und Dekadenz eines Tages zum Einsturz bringen könnte. 1981 ist es dann so weit. Die Polizei verhaftet den Vater, der Rest der Familie muss von Null anfangen. Ein Bruder, Paco, ist mittlerweile in die virtuellen Welten der Computerspiele abgetaucht, Fabio, der Ältere, verlässt sein Haus nicht mehr.
Knuchel reiht Anekdoten und Tanzeinlagen an Archivaufnahmen und filmische Referenzen, mixt alles wie ein couragierter Alleinunterhalter beim Tanztee zu einer unterhaltsamen, oft kitschigen und manchmal etwas selbstherrlichen Hommage an seine Familie. Dabei macht er keinen Hehl daraus, diesen Film hauptsichtlich für sich gemacht zu haben, es ist seine Expedition auf der Suche nach dem Geschmack der Kindheit. Sympathisch ist, dass Knuchel nicht aufrechnet, sondern Fragen stellt und seine Talente als Entertainer in dem alten Mann, der sein Vater heute ist, wieder entdeckt und würdigt. Seiner Mutter bringt er das Ständchen ihres Lebens, lässt ihr großes Idol den Chansonnier Claude Francois wieder auferstehen, den er selbst als kleiner Junge schon im paillettenbestickten Blazer auf der Bühne imitierte. The Show must go on.

Susanne Kim

Details

Originaltitel: Quand j’etais Cloclo
Schweiz 2017, 105 min
Genre: Dokumentarfilm, Familiengeschichte
Regie: Stefano Knuchel
Verleih: déjà-vu film
Kinostart: 13.07.2017

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