Zwei Brüder in Shemroon, einem Stadtteil im Norden Teherans: Payar (Payar Allahyani), der jüngere, ist Thai-Boxer, aber eher der ruhige Typ. Sein älterer Bruder Iman (Iman Sayad Borhani) dreht dafür doppelt auf. Er ist ein Rebell, Partys und Drogen sind sein Metier. Gemeinsam leben die ungleichen Geschwister unter einem Dach mit ihrem kranken Vater (Behzad Dorani). Ihrer Mutter bringen sie regelmäßig Blumen ans Grab. Aber die Familie ist gespalten. Es geht um ein Stück Land, das ihr Onkel unrechtmäßig in Besitz genommen hat. Jetzt ist das Geld an allen Ecken und Enden knapp, und er will es lukrativ verkaufen. Doch vor allem Iman hängt an allem, was einmal seiner Mutter gehörte, die ihn und Payar mit viel Liebe großgezogen hat.
CHEVALIER NOIR ist Familiendrama, Thriller und Tragödie in einem. Die Geschichte beruht auf einer wahren Begebenheit, aber darauf kommt es nicht an. Das iranische Spielfilmdebüt von Emad Aleebrahim-Dehkordi macht Eindruck, weil er darin auf eindringliche Weise seine Figuren an ihre Grenzen führt. Während Payar die Nähe zu seiner Jugendfreundin Hanna sucht, die vor kurzem nach einer Scheidung aus Frankreich in den Iran zurückgekehrt ist, schlägt Iman sich mit illegalen Geschäften durch. Sorgfältig platzierte Momente des Schweigens und Zögerns stehen im Kontrast zu emotionalen Kurzschlusshandlungen und spontaner Gewalt. Mal spielt der Regisseur und Drehbuchautor mit Symbolen und Mythen, mal versetzt er die Realität mit Genreelementen und den narrativen Codes persischer Märchen. Urteilsfrei beobachtet er zwei Brüder, die versuchen, ihren Weg zu gehen, und wirft dabei einen wachsamen Blick auf Dynamiken innerhalb der iranischen Gesellschaft. Das Ergebnis ist ein sensibler, unaufdringlicher, gegenwärtiger Film.

Pamela Jahn