Fast zehn Jahre nach WILD TALES legt der Argentinier Damián Szifron seinen nächsten Spielfilm und mit ihm sein englischsprachiges Debüt vor: CATCH THE KILLER sollte zunächst „Misanthrope“ heißen – und es ist unschwer zu erkennen, dass beide Titel auf den geschmeidigen Polizeithriller zutreffen. Eleanor (Shailene Woodley) ist eine junge Streifenpolizistin des Baltimore Police Departments, die von suizidalen Gedanken geplagt wird. Als in einer Silvesternacht ein Scharfschütze Amok läuft, ist sie im Dienst. Sie hilft einer Familie, wird retraumatisiert - und vom FBI-Chefermittler Lammark (Ben Mendelsohn) entdeckt. Aus seiner Sicht ist sie durch ihre düsteren Tendenzen imstande, wie der Amokläufer zu denken. Er rekrutiert sie für das innere Team, um auf eine von Trial and Error geprägte Jagd nach dem Mörder zu gehen.
CATCH THE KILLER versteht sich als Kommentar zu den gesellschaftlichen Verhältnissen, die zu
dem zutiefst US-amerikanischen Phänomen des mass shootings führen. Der Film will zugleich übliche Thriller-Modi bedienen, fest auf dem Boden realer Polizeiarbeit stehen und zeigen, wie Machtgefüge zwischen exekutiven und legislativen Organen funktionieren. Für beides fehlt es immer wieder an Konsequenz: Während die soziopsychologischen Fährten in ein einfaches „hurt people hurt“ (verletzte Menschen verletzen) verdampfen, fehlt es an Mut zur beabsichtigten Wirklichkeitsnähe. Wenn Eleanor im Handumdrehen zur FBI-Beraterin berufen wird, um wenige Tage später mit in einem Aufsichtsrat zu sitzen, oder am einen Tag eigenhändig eine Müllhalde durchsucht, am anderen per Helikopter eingeflogen wird – dann bestätigt das eher den American Dream, als barfüßig seine Lügen zu offenbaren. Eine Heldinnengeschichte zu erzählen war schließlich wichtiger, als tatsächlich die US-Verwaltung auszuleuchten.

Christopher Suss