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Carne de perro: Hundefleisch

Alejandro ist ein unberechenbarer Mann, der das enorme Gewicht seiner Vergangenheit als Folterer des Pinochet-Regimes mit sich herumträgt. Als sein Taxi kaputtgeht, gerät der mühsam aufrechterhaltene Rhythmus seines Lebens aus dem Fugen.

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Warum das Taxi? Vielleicht, weil es einem Militärveteranen einen simplen wie sinnvoll erscheinenden Auftrag bietet: Befördere den Klienten sicher vom Start zum Ziel. Gleichzeitig verschafft die Fahrerkabine den notwendigen Schutz gegen eine chaotisch-komplex wirkende Umwelt, die keinem System, keinen klaren Regeln zu folgen scheint. In der Welt von TAXI DRIVER Travis Bickle ist es dann die Außenwelt, die in sein Taxi eindringt, und ihn aus seinem Schutzraum heraus zum Eingreifen animiert. Im Leben von Alejandro (Alejandro Goic) ist es stattdessen der Ausfall seines Fahrzeugs, der ihn endgültig in diese Gegenwart schleudert, zu der er keinen Zugang findet. Wie ein streunender Hund irrt er durch die Straßen seiner chilenischen Heimat, als sei er immer auf der Suche nach einem Herrchen. Fernando Guzzonis CARNE DE PERRO beobachtet einen 50jährigen Mann, der im Dienste der Militärdiktatur Pinochets zum staatlich legitimierten Täter wurde, und auch Jahre später nicht in ein selbstbestimmtes Leben desertieren kann. Der Verlust von ehemaligen Kameraden, Freunden sowie der eigenen Familie, die sich von ihm abgewendet hat, lässt ihn allmählich versinken, als stecke er im Treibsand. Wut und Trauer kann er nur in autoaggressiven Handlungen kanalisieren, dazu gehört die grausame Verletzung seines einzigen treuen Weggefährten, an der Alejandro schlussendlich auch selbst zugrunde zu gehen scheint.
In seiner fast schon banalen Beiläufigkeit wird Guzzonis intensives Spielfilmdebüt zum manchmal schwer erträglichen Portrait einer verlorenen Generation, das nicht viel erklären muss, um die Schizophrenie der abgebildeten Gesellschaft aufzuzeigen, einer Gesellschaft deren Wunden und Narben nur notdürftig mit Mullbinden überdeckt werden können, und jederzeit wieder aufzubrechen drohen.

Jens Mayer

Details

Originaltitel: Carne de perro
RCH/F/D 2012, 81 min
Genre: Drama
Regie: Fernando Guzzoni
Drehbuch: Fernando Guzzoni
Verleih: Dejavu
Darsteller: Alejandro Goic, Amparo Noguera, Daniel Alcaíno
Kinostart: 03.04.2014

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