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Café Nagler

Sehnsuchtsort Berlin 1920

Die Dokumentarfilmerin Mor Kaplanskys macht sich in Berlin auf die Suche nach dem sagenumwobenen Café Nagler am Moritzplatz, das ihre Ur-Urgroßeltern einst besessen haben sollen. Ein charmanter, komischer und rührender Film über die Mythen, die in der Emigration entstehen und wachsen.

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Mor Kaplansky hat ganz offenbar eine sehr enge und liebevolle Beziehung zu ihrer Großmutter Naomi, die vor ihrer Pensionierung selbst eine engagierte Dokumentarfilmerin war. Naomi ist entsprechend stolz darauf, dass Mor die Familientradition fortführt. Naomis ganzer Stolz sind die Reliquien, die Mors Berliner Ur-Urgroßeltern 1925 bei der Emigration nach Palästina aus dem Café Nagler am Moritzplatz gerettet haben: ein Kaffeeservice, ein Silberbesteck und ein paar Fotos, die ein großes Eckhaus zeigen, an dessen Dachfirst der Name des legendären Cafés mit riesigen Lettern angebracht ist. Drei Etagen soll das Café gehabt haben, der Swingtanz soll an diesem Treffpunkt der Berliner Künstlerbohème erfunden worden sein. Mor reist nach Berlin, um Dokumente und Geschichten über das Café Nagler zu sammeln und einen schönen Film vor allem für die Großmutter zu drehen. Das erweist sich allerdings als schwieriger als erwartet. Es gibt kaum Zeugnisse für die Existenz des Cafés, der Standort am Moritzplatz ist heute halb Park, halb Brache. Nur ein alter Herr erinnert sich an das Café und seine Betreiber, aber es stellt sich bald heraus, dass dessen Erinnerungen nicht ganz der Wahrheit entsprechen – er wurde erst ein Jahr nach der Schließung des Cafés geboren. Aber Mor Kaplansky kann ihre Großmutter nicht enttäuschen, und so müssen irgendwelche Geschichten über das Café her, so oder so. CAFÉ NAGLER ist ein charmanter, komischer und rührender Film über die Mythen, die in der Emigration entstehen und wachsen. Nach vier Generationen kann Naomi Kaplansky noch jeden alten Berliner Gassenhauer mitträllern. Das Berlin der 20er Jahre erscheint als ein seltsamer Sehnsuchtsort, der verlorene Unschuld mit nostalgischem Glamour verbindet, und wo schließlich die Träume des Exils der Sehnsucht der mitteljungen Berliner Swingszene begegnen.

Tom Dorow

Details

Originaltitel: Cafe Nagler
Deutschland/Israel 2016, 59 min
Genre: Dokumentarfilm
Regie: Yariv Barel, Mor Kaplansky
Drehbuch: Mor Kaplansky
Kamera: Yariv Barel
Schnitt: Arik Leibovitch, Idit Aloni
Verleih: Edition Salzgeber
Darsteller: Mor Kaplansky, Naomi Kaplansky
FSK: oA
Kinostart: 09.06.2016

Website
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