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Burning Days

Korruption und Vetternwirtschaft

In der anatolischen Provinzstadt Yaniklar, in die der junge Staatsanwalt Emre versetzt worden ist, sind Korruption und Vetternwirtschaft allgegenwärtig, Aggression liegt in der Luft.

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Die Luft flimmert in BURNING DAYS. Sie flimmert von der Hitze des anatolischen Sommers und von den Spannungen, die in der Provinzstadt Yaniklar, in die der junge Staatsanwalt Emre (Selahattin Paşali) versetzt worden ist, in der Luft liegen. Korruption und Vetternwirtschaft sind allgegenwärtig, und wie eine gigantische Metapher auf die bröckelnden Fundamente der Zivilgesellschaft ist die Stadt von riesigen Senklöchern überzogen. Zu Emres Aufgaben gehört es auch, herauszufinden, ob die Bauprojekte des Bürgermeisters an den Löchern und der Wasserknappheit Mitschuld haben. Es gibt mächtige Männer, die das um jeden Preis verhindern möchten, und es gibt den einsamen Journalisten Murat (Ekin Koç), der Emre Dokumente der Gegenseite zuschiebt.
Emin Alper und Kameramann Christos Karamanis inszenieren BURNING DAYS als dichten, überragend fotografierten Thriller, in dem die Tatsachen verschwommen sind und die Atmosphäre alles ist. Wer mit welchen Absichten unterwegs ist, wem Emre trauen kann, was nur Schaumschlägerei und was eine echte Drohung ist, bleibt vage. Mit Händen zu greifen ist dagegen die Aggression, die alle Begegnungen dieser Männergesellschaft – bis auf die Richterin und eine junge Roma sind ausschließlich Männer zu sehen – bestimmt. Sie durchzieht jedes Gespräch. Jeder Austausch ist ein Abtasten und ein Abklären der Rangordnung. „Trink mit uns“, vom besten Freund des Bürgermeisters, einem schmierigen Anwalt, ausgesprochen, ist keine freundliche Einladung, sondern Drohung, Herausforderung, Wettbewerb. Emre schlägt sich tapfer, aber als klar wird, dass er nicht bereit ist, sich „anzupassen“, wird der Ton schärfer, die Szenerie aus Männermobs und Jagdgesellschaften, Wasserknappheit und Kraterlandschaft noch apokalyptischer.
In zurückhaltenden Andeutungen schwingt in BURNING DAYS auch eine homosexuelle Erzählung mit, weshalb der Film bei den Filmfestspielen in Cannes 2022 unter anderem für die Queere Palme nominiert war. In Folge von öffentlichem Druck forderte das türkische Kulturministerium, dass den Film ursprünglich unterstützt hatte, daraufhin die Fördergelder von der Produktionsfirma zurück. Der Skandal verhalf BURNING DAYS aber auch zu enormer Aufmerksamkeit in der Türkei und machte ihn zu Alpers bis dato erfolgreichstem Film. Beim Ankara International Filmfestival, beim Antalya Golden Orange Film Festival und vom Verband türkischer Filmkritiker (SIYAD) wurde BURNING DAYS mit Preisen für Regie, Schnitt, Drehbuch, Darstellung und Kamera ausgezeichnet.

Hendrike Bake

Details

Originaltitel: Kurak Günler
Türkei/ Frankreich/ Deutschland/ Niederlande/ Griechenland/ Kroatien 2022, 128 min
Genre: Drama
Regie: Emin Alper
Drehbuch: Emin Alper
Kamera: Christos Karamanis
Schnitt: Eytan Ipeker, Ozcan Vardar
Musik: Stefan Will
Verleih: Cinemien
Darsteller: Selahattin Pasali, Ekin Koç, Hatice Aslan, Ali Seçkiner Alıcı, Erol Babaoglu
Kinostart: 28.09.2023

Website
IMDB

Vorführungen

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