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Bloody Nose, Empty Pockets

Gemeinschaft der Trinkenden

Ein Stück Ur-Americana: Die letzte Nacht einer Bar, irgendwo am Rande von Las Vegas, in der sich ein letztes Mal all die Rumhänger versammeln, für die sie zum zweiten (oder auch einzigen) Wohnzimmer geworden ist.

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„We hold these truths to be self-evident“, so lautet die Einblendung zu Beginn des Films unter Verweis auf die Unabhängigkeitserklärung – tatsächlich zeigt BLOODY NOSE, EMPTY POCKETS ganz unmittelbar ein Stück Ur-Americana: Die letzte Nacht einer amerikanischen Bar, irgendwo am Rande von Las Vegas, in der sich noch einmal, ein letztes Mal all die Rumhänger versammeln, für die sie zum zweiten (oder auch einzigen) Wohnzimmer geworden ist. Ein Kneipenfilm, und was für einer: Wir Zuschauer sitzen als Zaungäste mit an der Theke, wenn die ersten Typen eintrudeln und zu trinken anfangen. Sie kennen sich, haben über die Jahre ein soziales Geflecht gebildet rund um „The Roaring 20s“, die Bar von Marc. Da sitzen sie und reißen Witze und philosophieren und werden immer betrunkener und immer wehmütiger … Und das ist unglaublich witzig und unterhaltsam und sogar auf gewisse Weise spannend! Und es ist nicht echt.
Tatsächlich liegt die Bar in New Orleans. Es ist auch nicht ihr letzter Abend. Die Barbesucher sind nicht echte Stammgäste, sondern eingesammelt und gecastet aus verschiedenen Kneipen: Dies ist eine dokumentarisch gefilmte Impro-Inszenierung, ein „Was wäre wenn“, aber auch ein „So ist es, wenn“. Kann diese fehlende „Echtheit“ diesem „Dokumentar“film etwas anhaben? Auf keinen Fall. Denn trotzdem ist alles – bis hin zum grandiosen Soundtrack – authentisch in dieser Doku im Konjunktiv, in der die Wahrheit aus einer destillierten Wirklichkeit kommt. Es geht nicht um eine bestimmte Bar, sondern um den Mythos der Bar an sich, um „comfort, accessability and alcohol“, um die Gemeinschaft der Trinkenden, um die selbstverständliche Wahrheit, die in ihnen liegt. Einer bringt es auf den Punkt: „I pride myself on not having become an alcoholic until after I was already a failure. Ich hab mein Leben nüchtern ruiniert. Und dann bin ich hierher gekommen.“

Harald Mühlbeyer

Details

USA 2020, 98 min
Sprache: Englisch
Genre: Dokumentarischer Film
Regie: Bill Ross, Turner Ross
Kamera: Bill Ross, Turner Ross
Schnitt: Bill Ross
Musik: Casey Wayne McAllister
Verleih: UCM.One
FSK: 12
Kinostart: 02.12.2021

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