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Begegnungen nach Mitternacht

Die ganze Pracht cineastischer Künstlichkeit

Queeres Kino in einem radikalen Sinn. BEGEGNUNGEN NACH MITTERNACHT sucht nach einer Form der Uneigentlichkeit, überführt Kitsch in Erhabenes und bahnt sich seinen Weg durch eine Nacht, die so betörend wie beängstigend ist.

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Als die Nacht am tiefsten ist, lädt das Paar Ali (Kate Moran) und Matthias (Niels Schneider) zu sich ein. Ihr transsexuelles Dienstmädchen Udo (Nicolas Maury) empfängt die Gäste: Die Schlampe (Julie Brémond), den Hengst (Eric Cantona), den Teenager (Alain-Fabien Delon) und den Star (Fabienne Babe). Der Zweck des Treffens ließe sich als Orgie beschreiben, es wird daraus ein Hochamt des Begehrens. Das gleiche läßt sich über Yann Gonzalez’ Kinodebut selbst sagen, einen Film, der sich furchtlos und nicht ohne Stolz die ganze Pracht cineastischer Künstlichkeit zu eigen macht, um von Liebenden zu erzählen die niemals ganz bei sich sein können und darin ihr Glück finden. Die Wohnung ist ein theatraler Unort, die Musik (von M83, der Band von Yann Gonzalez und seinem Bruder Anthony) kommt aus einer Jukebox, die auf die Stimmung der Gäste reagiert. Der Film schlägt kleine Volten um von einer Liebe zu erzählen, die Jahrhunderte überdauert hat, von gebrochenen Herzen, von Demütigungen und Furcht. Bilder, die Anregungen aus der Geschichte des Kinos wie aus religiöser Ikonografie schöpfen. Im Laufe einer Nacht begegnen sich diese Menschen, erzählen und entblößen sich, lieben und trauern, berühren einander und berühren uns.
Queer ist dieses Kino in einem radikalen Sinn, es sucht nach einer Form der Uneigentlichkeit, überführt Kitsch in Erhabenes und bahnt sich seinen Weg durch eine Nacht, die so betörend wie beängstigend ist. Es handelt von Begehren und Befriedigung wie vom Rest, der bleibt und mag von Lust nicht sprechen ohne auf den Tod zu kommen. Und am Ende, als das flüchtige Glück ephemerer Gemeinschaft aufgelöst und viel mehr als nur die Nacht an ihr Ende gekommen ist, beschert uns BEGEGNUNGEN NACH MITTERNACHT noch einen Sonnenaufgang wie ihn nur das Kino zu evozieren mag.

Sebastian Markt

Details

Originaltitel: Les rencontres d'après minuit
Frankreich 2013, 93 min
Genre: Drama, Komödie
Regie: Yann Gonzalez
Drehbuch: Yann Gonzalez
Kamera: Simon Beaufils
Schnitt: Raphaël Lefèvre
Musik: M83
Verleih: Salzgeber & Company Medien
Darsteller: Kate Moran, Niels Schneider, Nicolas Maury, Julie Brémond, Eric Cantona, Alain-Fabién Delon
FSK: 16
Kinostart: 10.07.2014

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