Neue Notiz
Becoming Black
Rassismus unter den Teppich gekehrt
Ines Johnson-Spain wusste lange nicht, warum sie eine andere Hautfarbe als ihre Familie hat. In ihrem Dokumentarfilm beschreibt sie ihre Suche nach Identität, aber auch den alltäglichen Rassismus in der DDR.
Ines Johnson-Spain bricht das Schweigen. Das ist ein kräftezehrender Prozess. Es musste erst die Mauer 30 Jahre gefallen, ihre Mutter lange gestorben sein, bevor sie hier sitzen kann in einem Park mit ihrem Stiefvater. Erst jetzt kann sie ihn fragen, wie es dazu kam, dass er sie damals akzeptiert hat. Und warum nie jemand in der Familie darüber sprach, dass sie eine andere Hautfarbe hat.
Ganz behutsam blättert Johnson-Spain ihre Kindheit auf, lässt einen daran teilhaben, wie es gewesen sein muss, immer zu wissen, dass man anders ist, aber keiner einem sagen will, warum. Irgendwann spürten die Kinder in den stets abgesperrten Schubladen der Eltern Dokumente auf, die verrieten, dass Ines` Vater aus Togo stammt. Als Gaststudent in der DDR hatte er ein Verhältnis mit Ines‘ Mutter, die damals schon verheiratet war. Zur privaten Ehemisere kam, dass in der DDR zwar nach außen hin die Freundschaft mit den afrikanischen Bruderländern betont wurde, man aber echte private Verbindungen nicht schätzte. Von allen Seiten wurde also kräftig „unter den Teppich gekehrt“. Auch der alltägliche Rassismus, den es offiziell natürlich nicht gab in einem sozialistischen Land. Das Kind Ines begleitete er aber wie ein Schatten, den sie erst als Teenager langsam begann einordnen zu können. Die Regisseurin besucht für den Film auch erneut ihre afrikanische Familie, die Johnsons, in Togo. Schon einmal war sie als junges Mädchen da gewesen. Jetzt kehrt sie zurück, um das Andenken ihres Vaters auch nach Afrika zurückzutragen. Johnson-Spains Reise ist ein im besten Sinne schlichter beobachtender Dokumentarfilm über ihre Suche nach Identität, die intime Momente zu politischen werden lässt. Sie schlägt eine Brücke, für sich und alle anderen Kinder dieser Zeit, die es eigentlich hätte nicht geben sollen.
Deutschland 2019, 91 min
Genre: Dokumentarfilm
Regie: Ines Johnson-Spain
Drehbuch: Ines Johnson-Spain
Kamera: Sebastian Winkels, Anne Misselwitz
Schnitt: Yana Höhnerbach
Verleih: Unbekannt
Kinostart: 10.09.2020
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