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Barstow, California

BARSTOW, CALIFORNIA ist nach NOME ROAD SYSTEM und MILLTOWN, MONTANA der dritte Film in Rainer Komers Dokumentarfilmreihe über den amerikanischen Westen.

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BARSTOW, CALIFORNIA ist nach NOME ROAD SYSTEM und MILLTOWN, MONTANA der dritte Film in Rainer Komers Dokumentarfilmreihe über den amerikanischen Westen. Es ist auch der erste Film in der Reihe, in dem es überhaupt gesprochene Worte gibt, obwohl der Film zwischen Interviews und Erzählungen immer wieder lange, statische Einstellungen von Rangierbahnhöfen und Wüstenlandschaften zeigt. Der de facto Erzähler der Films ist Stanley „Spoon“ Jackson, dessen körperlose Stimme aus seinen Memoiren über sein Aufwachsen in Barstow liest. Jackson hält die einzelnen Geschichte, die andere Interviewte erzählen zusammen. Dass er nur als Off-Stimme im Film präsent ist, hat seine Gründe: seit 1977 sitzt Jackson eine lebenslange Haftstrafe in verschiedenen kalifornischen Gefängnissen ab, zurzeit in New Folsom. Jacksons körperliche Abwesenheit wird durch Detailreichtum seiner Erinnerung an das Aufwachsen in der Wüste mit den Eltern und 14 Brüdern ausgeglichen. Die Passagen, die seine Kindheit beschreiben, sind idyllisch, aber geerdet, und selbst die schockierenden Passagen über frühe Gewalterfahrungen vermitteln ein Gefühl der Gelassenheit, oder wenigstens der Distanziertheit.
„Als ich aus unserem Haus in der Crook Street trat, schienen mir die purpurnen und roten Lehmberge die ganze Welt zu umschließen. Ich dachte, der einzige Weg nach draußen müsste aufwärts sein, also hatte ich die Angewohnheit, mit meinem Kopf zurückgelegt herum zu laufen, so dass die Augen nach oben blickten.“
Zwischen diesen Meditationen interviewt Komer verschiedene Bewohner der Stadt – den Eigentümer eines Motels an der alten Route 66, einen Geologie-Studenten während einer Exkursion durch die Berge, eine Gruppe alter Gäste in einer Bar, Soldaten, die in einer nahen Kaserne stationiert sind – und, in längeren Szenen, zwei Brüder von Spoon Jackson. Vor allem die Gespräche mit Jacksons Brüdern vermitteln ein Gefühl dafür, wie es sein muss das ganze Leben in einer kleinen Wüstenstadt zu verbringen, während die Jahre an diesem leeren Flecken des bevölkerungsreichsten US-Bundesstaats vorbei ziehen. Hinter vielen Geschichten spürt man ein Gefühl des Verlusts und von der Zeit, die eine ältere Welt überzieht wie Sanddünen Straßen und Gebäude bedecken.
Mit dem Auge eines Landschaftsfotografen und seiner Fähigkeit Menschen entspannt ihre Geschichte erzählen zu lassen, ist Komers der perfekte Filmemacher, um die Geschichte einer wenig exotischen Wüstenstadt zu erzählen. BARSTOW, CALIFORNIA ist ein schönes Gedicht in Wüstentönen, minimalistisch und expansiv.

John Peck (Cinematic Berlin)

Details

Deutschland 2018, 76 min
Sprache: Deutsch
Genre: Dokumentarfilm
Regie: Rainer Komers
Drehbuch: Rainer Komers
Verleih: JIP
Kinostart: 03.10.2019

Website
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