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Auf der Suche nach Fritz Kann

Eventueller Großvater

Der deutsche Regisseur Marcel Kolvenbach macht sich auf der Suche nach Fritz Kann, dem jüdischen ersten Mann seiner Großmutter, der ganz eventuell sein Großvater gewesen sein könnte.

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Je älter man wird, desto mehr blickt man in die Vergangenheit, reflektiert seine Herkunft. Diesem Muster folgte auch der deutsche Filmemacher Marcel Kolvenbach, der seine Spurensuche zum Thema seines essayistischen Dokumentarfilms AUF DER SUCHE NACH FRITZ KANN macht. Der erste Mann seiner Großmutter war Fritz Kann, also streng genommen gar kein Verwandter oder vielleicht doch? Neun Monate vor der Geburt seines Vaters wurde Fritz Kann 1942 auf Grund seiner jüdischen Herkunft deportiert, was Kolvenbach als Anlass für Spekulationen über seine wahre Herkunft dient. Könnte es sein, dass er selbst Enkel von Fritz Kann ist? Und wenn ja, was würde das über seine Familie, seinen Vater erzählen?
Ebenso vage wie diese Vermutung verläuft auch Kolvenbachs Spurensuche, die mit dem Problem umzugehen versucht, dass es kaum Spuren gibt. In Ermangelung von konkreten Bildern oder Archivmaterialien zeigt Kolvenbach symbolisch aufgeladene Bilder einer israelischen Tanzkompagnie, vor allem aber andere Suchende, die in aller Welt nach Spuren ihren Verwandten forschen. Das Suchen selbst soll Thema des Films werden, oft zum Scheitern verurteilte Versuche, Hinweise zu finden, noch so vage Spuren nach Eltern oder Großeltern, die in der Mordmaschine des Dritten Reichs ums Leben gekommen sind. Ein hehrer Ansatz, der jedoch allzu sehr im Ungefähren verläuft. Nur bedingt gelingt es Marcel Kolvenbach das Universelle in der individuellen Geschichte seiner eigenen Familie zu finden. Allzu wenig Konkretes kann er über seinen eventuellen Großvater erzählen, allzu sehr bemüht er sich um künstlerische Überhöhung, die nur mühsam die Leerstellen übertünchen kann. Am Ende beschreibt AUF DER SUCHE NACH FRITZ KANN eine Suche, an deren Ende keine konkreten Antworten stehen. Was bleibt ist die Erkenntnis, dass die Vergangenheit nur bedingt Antworten für die Gegenwart geben kann.

Michael Meyns

Details

Deutschland 2022, 100 min
Sprache: Deutsch
Genre: Dokumentarfilm
Regie: Marcel Kolvenbach
Verleih: Real Fiction
Kinostart: 12.01.2023

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