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Greek Weird Wave

Neues von der „Greek Weird Wave“: Aris, ein Mann Ende Vierzig, findet sich in einem Bus wieder und erinnert sich an nichts. Er ist einer von immer mehr Betroffenen einer Pandemie des Gedächtnisverlustes.

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Als Steve Rose 2011 den Begriff der „Greek Weird Wave“ aufbrachte, fragte er sich, ob die wunderbar seltsamen Filme von Yorgos Lanthimos oder Athina Rachel Tsangari ein Produkt der griechischen Wirtschaftskrise seien. Im Angesicht der verlorenen und verzerrten Filmwelten, bevölkert von sozial unterkühlten Figuren, erscheint das plausibel, ohne Zweifel aber ist Christos Nikous Spielfilmdebüt APPLES wiederum ein Produkt der „Greek Weird Wave“: In körnigen Bildern entwirft er eine anachronistische griechische Stadt, durch die sich sein Protagonist in kunstvollem Dauerstolpern bewegt. Aris, ein Mann um die 40, findet sich in einem Bus wieder und erinnert sich an nichts. Er ist einer von immer mehr Betroffenen einer Art Amnesie-Pandemie. Sein neues Lebensprogramm: Auf Kassetten findet er Aufgaben vor, die ihm neue Erfahrungen bescheren sollen. Eine Kostümparty besuchen, Turmspringen gehen und alles auf Polaroid dokumentieren. Die Ergebnisse werden interessiert von einem Forscherpaar analysiert.

Wenn Aris diese kleinen Abenteuer bestreitet, wird deutlich: Das Gedächtnis ist Ort der kulturellen Identität, ohne die man heimatlos ist. Aber auch plötzlich sehr frei. Als Zuschauer erwischt man sich dabei, zu beneiden, dass jede seiner Erfahrungen neu und überwältigend ist – eine Intensität, die nach all den Generalproben des Lebens verloren geht.

Auf diesem Spielfeld dekliniert APPLES herrlich skurril durch, welche Erfahrungen den modernen, urbanen Menschen ausmachen. Christos Nikous drehte in ungewöhnlich quadratischem Bildformat: Die analogen Polaroidfotos imitierend weist er damit eine Zeitlosigkeit aus, die der Geschichte wie so mancher Erinnerung anhaftet. APPLES ist leise, augenzwinkernd und viel Raum für hochinteressante Beobachtungen über das Menschsein.

Christopher Suss

Details

Originaltitel: Mila
Griechenland/Polen/Slowenien 2020, 90 min
Genre: Drama, Komödie
Regie: Christos Nikou
Drehbuch: Christos Nikou, Stavros Raptis
Kamera: Bartosz Swiniarski
Schnitt: Giorgos Zafeiris
Musik: Alexander Voulgaris
Verleih: Neue Filmkunst
Darsteller: Aris Servetalis, Sofia Georgovassili, Anna Kalaitzidou, Kostas Laskos
Kinostart: 13.04.2023

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