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A Most Violent Year

Unterschwellige Spannung, realistische Gewalt

Das wuchtige Epos A MOST VIOLENT YEAR erzählt vom Immigranten Abel Morales, der um jeden Preis den amerikanischen Traum leben will und daran mit wehenden Fahnen zu scheitern droht. Morales leitet im New York des Jahres 1981 einen Heizöl-Handel. Gegen den Druck von Konkurrenten und Polizei wehrt er sich ausnahmslos mit legalen Mitteln – und das in einem Jahr, in dem die New Yorker Kriminalitätsrate ein Rekordhoch erreichte.

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Ein nächtlicher Einbruch ins neue Familienhaus und eine geladene Schusswaffe, mit der eine seiner drei kleinen Töchter spielt – die Warnungen für den Geschäftsmann Abel Morales fallen immer nachdrücklicher aus. Der Einwanderer leitet im New York des Jahres 1981 einen aufstrebenden Heizöl-Handel. Mit Überfällen auf seine Öl-Laster und mit offenen Drohungen setzen alteingesessene Konkurrenten den Selfmademan unter Druck. Noch dazu nimmt die New Yorker Polizei sein Geschäft unter die Lupe. Morales steht kurz davor, sein komplettes Hab und Gut zu verlieren, was seine selbstbewusste Ehefrau Anna nicht tatenlos mitansehen will. Die Krux an der Sache: Während Annas Vater das Öl-Geschäft auch mit kriminellen Mitteln führte, will der sprechend benannte Morales seine „Standard Heating Co.“ allen Widrigkeiten zum Trotz mit rein legalen Mitteln zum Erfolg führen – und das in einem Jahr, in dem die New Yorker Kriminalitätsrate ein Rekordhoch erreichte.

Mit den Kritikerlieblingen MARGIN CALL – DER GROßE CRASH über die Lehman-Brothers-Pleite und ALL IS LOST über den Überlebenskampf eines Skippers auf hoher See etablierte sich J.C. Chandor neben Regisseuren wie Michael Mann, David Fincher oder Darren Aronofsky als einer der wenigen Autorenfilmer Hollywoods. Chandors dritter Film weist mit dem Geldmotiv und dem bedächtigen Erzähltempo einige Parallelen zu seinem Erstlingswerk auf. Trotz der akkuraten und aufwendigen Ausstattung stellt A MOST VIOLENT YEAR alleine die Charaktere in den Mittelpunkt und ist nicht vorrangig ein Period Piece. Mit der matten Farbgebung und der tristen Stimmung, der unterschwelligen Spannung und den realistischen Gewaltausbrüchen erinnert das charismatische Kriminaldrama vielmehr an das wuchtige New-Hollywood-Kino der 70er-Jahre, insbesondere an SERPICO von Sidney Lumet und John Frankenheimers „THE FRENCH CONNECTION. Die in kühlen und sachlichen Bildern inszenierte und behutsam fortschreitende Erzählung kulminiert immer wieder in kleinen und großen Spannungsmomenten, die bisweilen auch in Actionszenen wie eine packende Verfolgungsjagd ausarten. Der grandiose Score von Alex Ebert trägt dabei wesentlich zur griffigen Atmosphäre bei.

Vor allem aber haucht das starke Ensemble der Mileustudie Leben und Tiefe ein. Oscar Isaac, der mit INSIDE LLEWYN DAVIS von Joel und Ethan Coen den Durchbruch schaffte und Ende des Jahres im neuen STAR WARS zu sehen ist, füllt die Doppelrolle als gebeutelter Familienvater und Firmenchef mit Bravour aus und macht die zunehmende Verzweiflung seiner Figur in kleinen Nuancen spürbar. An seiner Seite überzeugt die wie immer famose Jessica Chastain (ZERO DARK THIRTY, INTERSTELLAR) als ausgefuchste Femme Fatale, die ihre Szenen allesamt dominiert und dem Drama das gewisse Etwas verleiht. Bis in die Nebenrollen besetzt Chandor präsente Charaktermimen wie Albert Brooks (TAXI DRIVER) oder David Oyelowo (SELMA) und schafft somit einen optimalen Resonanzraum für die ausgefeilten Dialoge und unterschwelligen Ressentiments. Im Epizentrum steht der von Oscar Isaac verkörperte Immigrant, der um jeden Preis den amerikanischen Traum leben will und daran mit wehenden Fahnen zu scheitern droht. Seinen Männerfiguren in brenzligen Ausnahmesituationen bleibt J.C. Chandor auch mit A MOST VIOLENT YEAR treu.

Christian Horn

Details

USA 2014, 125 min
Genre: Action, Drama, Krimi
Regie: J. C. Chandor
Drehbuch: J. C. Chandor
Kamera: Bradford Young
Schnitt: Ron Patane
Verleih: SquareOne Entertainment
Darsteller: Alessandro Nivola, Oscar Isaac, David Oyelowo, Jessica Chastain, Ashley Williams, Christopher Abbott, Catalina Sandino Moreno, Albert Brooks, Elyes Gabel, Peter Gerety
FSK: 12
Kinostart: 19.03.2015

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