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Was bin ich wert?

Von der Berechnung des "Humankapitals"

Der Dokumentarfilm WAS BIN ICH WERT? begibt sich neugierig und fasziniert in die Welt der Zahlen, Berechnungen und Abwägungen, die täglich darüber entscheiden, was der Gesellschaft ein Menschenleben – oder zumindest Teile davon – monetär wert ist.

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Keiner würde wohl auf die spontane Frage nach dem Geldwert eines Menschen auf die Idee kommen, einen Betrag zu nennen. Ein Menschenleben, da ist man sich üblicherweise schnell gewiss, ist unbezahlbar. Und doch sind wir schon im Alltag immer wieder mit eben dieser Frage und konkreten Zahlen konfrontiert, durch die Krankenversicherung, den Arbeitgeber oder vor Gericht. Der Ausdruck „Humankapital“ schwebt wie ein Schreckgespenst im Raum der durchkapitalisierten Gesellschaft, und als Peter Scharf als freier Journalist, Filmemacher und Vater eines Sohnes nach einer längeren Verletzung mit der Zukunftsaussicht auf eine mickrige Rente konfrontiert wird, entscheidet er sich, der Frage nach seinem finanziellen Wert auf den Grund zu gehen. Sein Dokumentarfilm WAS BIN ICH WERT? hält sich nicht mit moralisierenden Einwänden auf, sondern begibt sich neugierig und fasziniert in die Welt der Zahlen, Berechnungen und Abwägungen, die täglich darüber entscheiden, was der Gesellschaft ein Menschenleben – oder zumindest Teile davon – monetär wert ist. Er trifft Perückenmacher in Kiew, illegale Organspender in Moldawien, Gesundheitsökonomen und Staatsanwälte in Deutschland und landet schließlich beim US-Anwalt der Opfer des Costa Concordia-Unglücks und bei Kenneth Feinberg, der über die Entschädigungen für die Hinterbliebenen von 9/11 entschied. Der nüchtern-brutalen Logik der Kalkulationen kann Scharf, wahrscheinlich schon aus Gründen des Selbstschutzes, manchmal nur mit schwarzem Humor begegnen – letztendlich ist der auch Beleg für die Hilflosigkeit des Einzelnen in einem System, das keine Zweifel zulassen darf. WAS BIN ICH WERT? ist eine Frage, die sich niemand gerne stellt; doch sie zu ignorieren, würde die Ausgeliefertheit an die Zahlen und Berechnungen nur bekräftigen.

Jens Mayer

Details

Originaltitel: The Price of My Life
Deutschland 2014, 90 min
Sprache: Deutsch, Englisch
Genre: Dokumentarfilm
Regie: Peter Scharf
Drehbuch: Peter Scharf, Jörn Klare
Kamera: Oliver Schwabe
Schnitt: Oliver Held
Musik: Christian Sasse, Peter Scharf
Verleih: W-Film
FSK: oA
Kinostart: 09.10.2014

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Vorführungen

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