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Ein Tag wie kein anderer

Schwarzhumorig

Vor sieben Tagen haben Eyal und Vicky ihren 25jährigen Sohn beerdigt. Jetzt, nach der traditionellen Trauerwoche, will Vicky langsam in den Alltag zurück finden. Eyal dagegen raucht erstmal mit dem Nachbarjungen das medizinische Cannabis, dass er im Krankenhaus hat mitgehen lassen…

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Die Shiva ist vorbei: Vor sieben Tagen haben Eyal und Vicky ihren 25-jährigen Sohn beerdigt. Jetzt, nach der traditionellen Trauerwoche, wollen sie langsam in den Alltag zurück finden – oder doch nicht? In der Schule, wo sie als Lehrerin arbeitet, muss Vicky feststellen, dass ein Vertretungslehrer ihre Klasse übernommen hat. Und Eyal hat aus dem alten Krankenzimmer des Sohnes eine schöne Tüte medizinisches Cannabis mitgehen lassen – durch die Stadt geschmuggelt in seiner Unterhose. Doch einen Joint zu drehen ist nicht ganz leicht. Sicherlich kann Zooler, der Nachbarssohn, helfen... Zwischen den lauten Schlafzimmergeräuschen der Nachbarn, den süßen Babykätzchen im Garten und einigen rockig-flockigen Luftgitarren-Soli entwickelt sich unter den missbilligenden Blicken der Ehefrau eine schwarzhumorige Slackerkomödie: Der Alte und der Junge hängen miteinander ab, mit einem bekifften Hang zu gegenseitigen Scherzen. So macht Eyal seine ganz individuellen Stadien der Trauer durch: Ablenkung, Regression ins Kindliche, Trotz, Unsinn und ein bisschen gediegene Grabschändung. Die tief empfundene Trauer des Vaters, seinen Sohn verloren zu haben, findet ihren Ausdruck in absurden Situationen: Zwischendrin scheinen wir uns fast in einer Buddy-Kiffer-Komödie zu befinden, die langsame, teilnahmslose Mimik und Gestik von Eyal könnte Coolness sein, wenn sie nicht auf die innere Taubheit zurückzuführen wäre. Zooler dagegen ist der genuine Slacker, seine Lebensziele: Die Luftgitarren-WM und vielleicht ein Pingpong-Spiel in Eyals Hobbykeller, so wie früher. Gegen Ende dann, auf dem Friedhof, schwenkt die Handlung plötzlich ab auf einen völlig unbeteiligten Trauerredner, dessen Kummer durch eine Ladung Vogeldreck Ausbruch und Erlösung findet – die Atmosphäre des Films zwischen Gefühlsempfindung und Bizarrerie ist damit perfekt auf den Punkt gebracht.

Harald Mühlbeyer

Details

Originaltitel: Shavua ve Yom
Israel 2016, 98 min
Genre: Drama
Regie: Asaph Polonsky
Drehbuch: Asaph Polonsky
Kamera: Moshe Mishali
Schnitt: Tali Helter-Shenkar
Musik: Ran Bagno
Verleih: Temperclayfilm
Darsteller: Uri Gavriel, Shai Avivi, Sharon Alexander, Evgenia Dodina, Carmit Mesilati Kaplan, Tomer Kapon
FSK: 6
Kinostart: 11.05.2017

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