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Donbass

Groteske Re-Imaginationen

Sergei Loznitsa hat in Amateuraufnahmen nach der verschütteten Wahrheit eines Krieges gesucht, und re-imaginiert daraus 13 groteske, stets vom Ton einer satirischen Überzeichnung getragene und zugleich präzise Tableaus.

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Eine Politikerin schüttet einen Kübel Fäkalien über das Haupt eines Redakteurs, den sie für korrupt hält. Ein deutscher Journalist fördert unter Soldaten viel zu Tage, aber wenig was als Wahrheit taugt. Ein Mann führt durch einen labyrinthischen Bunker, an jeder Ecke harren Menschen aus. An einem Kontrollposten werden Männer schikaniert und rekrutiert. Eine Heirat an der Front. In der Geburtsstation einer Klinik präsentiert ein Funktionär einen scheinbaren Überfluss an Lebensmitteln und Medikamenten, und will mit dem absurden Schauspiel demonstrieren, dass er die Lage im Griff hat. Soldaten werden im Spießrutenlauf vom Corps gestrafft. An einem Filmset wird mit Statisten ein Angriff inszeniert, was Kulisse ist, und was die Welt, und wem hier was erzählt wird, ist nicht ganz klar.
Wir sind im Osten der Ukraine, wo Separatisten autonome Gebiete erklärt haben, und gegen die ukrainische Armee im Feld stehen, unterstützt von Angehörigen der russischen Armee, gleichwohl nicht offiziell. 13 Szenen aus dem Krieg. 13 Bilder, die ein Panorama einer Gesellschaft bilden, die der Krieg geschaffen hat. Im neuesten Eintrag seiner eindrucksvollen Filmografie, einer Archäologie der politischen Gewalt, hat Sergei Loznitsa in Amateuraufnahmen nach der verschütteten Wahrheit eines Krieges gesucht, und re-imaginiert daraus 13 groteske, stets vom Ton einer satirischen Überzeichnung getragene und zugleich präzise Tableaus. Sie erzählen von zwischenmenschlichen Verkehrsformen, in die Gewalt eingesickert ist, und vor allem, das zieht sich durch alle Bilder, von der Erzeugung von Bildern und Gegenbildern, in Handy-Aufnahmen und Fernsehinszenierungen. Der Krieg ist bei Loznitsa ein (un)menschlicher Zustand, seine Herstellung auch eine Arbeit am und im Bild.

Sebastian Markt

Details

Deutschland/ Ukraine/ Frankreich/ Niederlande/ Rumänien 2018, 110 min
Genre: Drama
Regie: Sergei Loznitsa
Drehbuch: Sergei Loznitsa
Kamera: Oleg Mutu
Schnitt: Danielius Kokanauskis
Verleih: Salzgeber
Darsteller: Boris Kamorzin, Valeriu Andriuta, Tamara Yatsenko, Liudmila Smorodina
FSK: 12
Kinostart: 30.08.2018

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