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Die defekte Katze

Verloren zusammen

Die Iranerin Mina kommt nach Deutschland kommt, um ihren Landsmann Kian zu heiraten. Er verspricht sich von der arrangierten Ehe endlich eine Ehefrau, sie sich ein wenig mehr Freiheit.

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Sie sieht schon reichlich wild aus, die Katze, die Titelfigur von Susan Gordanshekans Debütfilm ist. Ein Gendefekt hat dafür gesorgt, dass das Tier zwei unterschiedliche Augenfarben hat, was man natürlich als Metapher für die Zerrissenheit verstehen darf, an der die menschlichen Protagonisten dieses fein erzählten Dramas kranken, vor allem die Iranerin Mina (Pegah Ferydoni), die nach Deutschland kommt, um ihren Landsmann Kian (Hadi Khanjanpour) zu heiraten. Es ist keine Liebesheirat, sondern eine arrangierte Ehe, die Kian, der als Arzt schon seit längerem in der Fremde lebt, endlich mit einer Frau versorgen soll. Einige Treffen mit unterschiedlichen Kandidatinnen waren vorausgegangen, Mina schließlich wirkt am umgänglichsten, was sich als Trugschluss erweist. Denn für die junge Frau bedeuten die arrangierte Ehe und der Umzug in ein fremdes Land mit einer fremden Sprache vor allem die Möglichkeit, aus den rigiden Strukturen ihrer Heimat auszubrechen.
Man mag hier ein wenig an Sibel Kekillis Figur aus GEGEN DIE WAND denken, an ihren Ausspruch: „Ich will leben, lieben, tanzen, ficken“, auch wenn Gordanshekan das Freiheitsstreben ihrer Hauptfigur viel zurückhaltender, viel introspektiver inszeniert. Es geht Mina nicht um Exzesse, sondern um ganz banale Dinge, darum, entspannt spazieren zu gehen oder Kaffee zu trinken, sich mit einem Mann zu unterhalten, ohne gleich Angst vor den Tugendwärtern zu haben, die in der Heimat ihre Freiheit beschränken würden. Schön ist auch, dass Kian kein Antagonist ist, nicht versucht, Mina einzuengen, sondern wie seine Frau ein Mensch zwischen den Welten ist, der versucht, den Traditionen der Heimat treu zu bleiben, auch wenn er bald merkt, dass das in Deutschland kaum möglich ist.

Michael Meyns

Details

Deutschland 2018, 93 min
Sprache: Deutsch, Persisch
Genre: Drama
Regie: Susan Gordanshekan
Drehbuch: Susan Gordanshekan
Kamera: Julian Krubasik
Schnitt: Frank Müller
Musik: Sebastian Fillenberg
Verleih: Alpenrepublik
Darsteller: Pegah Ferydoni, Hadi Khanjanpour, Henrike von Kuick, Constantin von Jascheroff, Arash Marandi
FSK: 6
Kinostart: 04.10.2018

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