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Berlinale VIII: Die kleinen Brüder und Schwestern der RAF

Forum: DER SPK-KOMPLEX

Das Sozialistische Patientenkollektiv begann als Gruppentherapie für Psychiatriepatienten, die der Assistenzarzt Wolfgang Huber 1970 an der Universität Heidelberg gründete. Ganz im Sinne der 68er versuchten sie einerseits, das traditionelle Arzt-Patient-Verhältnis aufzubrechen und alternative Therapieformen zu finden, betrieben aber andererseits auch eine stark von Hegel beeinflusste Gesellschaftskritik unter der These, dass es nicht das Individuum ist, das geisteskrank ist, sondern eine wahnsinnige Gesellschaft den Menschen krank macht. Das Kollektiv wuchs schnell, brachte Huber aber ebenso schnell in Konflikt mit der Uni und die Gruppe unter Beobachtung der Polizei. Wie genau es dazu kam, dass ein Kontakt zwischen SPK und RAF entstand, darüber sind sich die interviewten Exmitglieder nicht ganz einig, aber dass SPK-Mitglieder unter anderem an der Botschaftsbesetzung in Stockholm beteiligt waren, steht außer Frage.

Der Dokumentarfilm von Gerd Kroske (DER BOXPRINZ) zeichnet das SPK als die weniger radikalen und selbstherrlichen kleinen Brüder und Schwestern der RAF. Kroske lässt sowohl Mitglieder als auch die Gegenseite, Richter, Polizisten und Reporter, zu Wort kommen und leistet damit Ähnliches wie Stefan Austs Buch über „die Baader-Meinhof-Gruppe“, auf die sich der Titel bezieht.

Wolfgang Huber verschwand, nachdem er aufgrund einer fragwürdigen Verurteilung einige Jahre im Gefängnis verbracht hatte, vollends aus der Öffentlichkeit. So sehr wie die Gruppe eine Summe all ihrer Mitglieder sein soll, so oft beziehen sich die Befragten auf Huber. Dadurch, dass er hier aber nur durch einige zeitgenössische Ton- und Filmaufnahmen vertreten ist, wird der Komplex dadurch ein leicht diffuses Phantom, das eine interessante Facette des Deutschen Herbstes zeigt, sich um Antworten aber lieber herum drückt.

Weitere Termine:
Fr 23.02. um 18:30 im Delphi Filmpalast
So 25.02. um 17:00 im Kino Arsenal 1

Ab 19. April im Kino

Christian Klose