Neue Notiz
Love Is The Devil: Study For A Portrait Of Francis Bacon
Künstlerische Deformation
John Mayburys Porträt des Malers Francis Bacon fokussiert sich auf die desaströse Beziehung zwischen Bacon und seinem Modell und Liebhaber George Dyer
Nun hat es erfreulicherweise auch LOVE IS THE DEVIL, John Mayburys Porträt des Malers Francis Bacon, in die deutschen Kinos geschafft. 1998 hatte er seine Premiere, als Daniel Craig, der hier als Bacons Betthase George Dyer fungiert, noch nicht Bond war. LOVE spielt in den sechziger Jahren, als Männer, auch schwule Männer, keine Designerslips trugen, sondern Unterhosen aus Baumwolldoppelrip. Weiß und keusch, unverschämt unsexy. So stehen sie einander gegenüber, Bacon und Dyer, nicht zwei Liebende, sondern zwei Männer im Duell, die sich ihrer Kleidung entledigen ... nein, Maybury spart sich die obligate Fleischbeschau, er wechselt die Erzählebene, zeigt sexuelle Gewalt und Unterwerfung als Kunstprodukt, als Bild, wie es der Maler hätte imaginieren können.
Hätte, nicht hat. Denn der Nachlassverwalter hatte untersagt, Bacon in Wort oder Bild zu zitieren. Ein Handikap, das Maybury klug umgeht, nicht das Gemälde zeigt, z. B. eines der Porträts von Henrietta Moares, sondern den Entstehungsprozess: ein Fotoshooting, bei dem sie posiert zu Aufnahmen, die der Maler als Ausgangspunkt künstlerischer Deformation nutzt (er benutzt alles und jeden). Das Verbot gibt Maybury zudem die Freiheit, die desaströse Beziehung zwischen Bacon und Dyer zu deuten als Kampf zwischen Oben und Unten, zwischen Herr und Knecht, in dem beide leiden, bei dem aber feststeht, wer der Verlierer ist: George Dyer, der kleine Ganove, den es in die Welt der Schönen und Reichen verschlagen hat, George, der verlieren muss, weil er liebt, wirklich liebt und daran zu Grunde geht, absäuft bis zum Suizid in Alkohol und Drogen. Diesen letzten Akt zeigt der Regisseur in Baconscher Manier, wie er überhaupt die Baconschen Stilmittel der Verzerrung, Verschraubung, Spiegelung ins Filmische überträgt.
Originaltitel: Love is the Devil – Study for a Portrait of Francis Bacon
Großbritannien 1998, 87 min
Genre: Drama
Regie: John Maybury
Drehbuch: John Maybury
Kamera: John Mathieson
Schnitt: Daniel Goddard
Musik: Ryuichi Sakamoto
Verleih: rapid eye movies
Darsteller: Derek Jacobi, Daniel Craig, Tilda Swinton, Anne Lambton, Adrian Scarborough
FSK: 16
Kinostart: 21.03.2024
Website
IMDB
Vorführungen
ALLE ANGABEN OHNE GEWÄHR.
Die Inhalte dieser Webseite dürfen nicht gehandelt oder weitergegeben werden. Jede Vervielfältigung, Veröffentlichung oder andere Nutzung dieser Inhalte ist verboten, soweit die INDIEKINO BERLIN UG (haftungsbeschränkt) nicht ausdrücklich schriftlich ihr Einverständnis erklärt hat.