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Becoming Giulia

Mutter und Spitzenballerina

Kind oder Karriere? Giulia Tonelli, die Erste Solistin des Ballett Zürich, will beides.

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Kind oder Karriere? Giulia Tonelli, die Erste Solistin des Ballett Zürich, will beides. Regisseurin Laura Kaehr, selbst ausgebildete Balletttänzerin, begleitet Tonelli bei dem Abenteuer, zurück in die erste Reihe ihrer Kompagnie zu finden und gleichzeitig ein Kleinkind großzuziehen. Sie tut das inmitten eines Arbeitsfeldes, das für steile Machtstrukturen und kompromisslose Performanceorientiertheit bekannt ist – ein Kraftakt, den BECOMING GIULIA spürbar und sichtbar macht. In einer Szene des mit dem Publikumspreis des Zürich Film Festival ausgezeichneten Films diagnostiziert Tonelli die Krankheit der Tanzkunst: Ihre Künstlerinnen und Künstler seien verdammt dazu, für immer Kinder zu bleiben. Die künstlerische Leitung als Vater und Mutter, die Kolleginnen und Kollegen als Vertraute im täglichen Spiel. Gleichzeitig scheint ihre Mutterschaft ihr auch im Tanz etwas gegeben zu haben, das zuvor nicht vorhanden war – Verantwortung und Weitsicht.

Der Film begleitet die junge Mutter auf ihren ersten Proben nach der Auszeit, zum Physiotherapeuten, an den Esstisch, hinter die Bühne, auf den Wohnzimmerboden mit ihrem Sohn Jacopo. Ihre ausdauernde Kraft ist immer erstaunlich, ob in Form von Geduld in der Telefonwarteschlange oder im Jeté bei der Bühnenprobe. Auch, wenn sie sich Rat sucht bei der Choreografin Cathy Marston, die selbst Kinder hat. Schon deswegen ist BECOMING GIULIA eine Schau – als Testament der Kräfte, die in einer Mutter freiwerden, die eine Frau entfalten kann und oft muss. Zugleich ist der Dokumentarfilm Kommentar und Prüfstein der zeitgenössischen Verhältnisse in der Welt des Elite-Balletts, die sie vor und hinter der Bühne ausleuchtet und mit tänzerischer Kamera verfolgt. Kind und Karriere – das ist heute auch in dieser Welt möglich. Aber es ist ebendas: ein Kraftakt.

Christopher Suss

Details

Schweiz 2022, 100 min
Genre: Dokumentarfilm
Regie: Laura Kaehr
Drehbuch: Laura Kaehr
Kamera: Laura Kaehr, Stéphane Kuthy, Felix von Muralt
Schnitt: Thomas Bachmann, Vincent Pluss
Musik: Balz Bachmann, Mara Micciché, Julian Sartorius
Verleih: W-Film
FSK: 6
Kinostart: 18.01.2024

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