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Alle hassen Johan

Explosionsfan vor Küstenlandschaft

Norwegen im Nirgendwo: Johan liebt Explosionen und seine Jugendliebe Slovor. Aber niemand liebt Johan.

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Die meisten sind ein bisschen seltsam. Johan ist seltsamer als die meisten. Der sprengstoffsüchtige Nachfahre von zwei Guerilla-Kommunisten scheint zu grobschlächtig, melancholisch und romantisch für seine Welt an der norwegischen Küste zu sein. Er erbt den Missmut eines Dorfes gegenüber seiner Familie – und macht ihn nur noch schlimmer, als er fast seine Jugendliebe Solvor in die Luft sprengt. Hallvar Witzøs absurder Debütfilm folgt zwei Hauptfiguren durch die Jahrzehnte: Dem unverbesserlich sturen Johan, verkörpert von drei Generationen norwegischer Schauspieler, und der zerklüftet-wunderschönen Landschaft Norwegens, der Johan mit seinem Schwarzpulver einige neue Krater schlägt. Während Johan vom befremdlichen Jungen zum stämmigen, resoluten Greis wird, bleibt die Landschaft immer gleich und stets postkartenreif bebildert. Der Rest des Personals von ALLE HASSEN JOHAN scheint jedoch gegen den Charme dieser Hauptfiguren immun. In einer an die Filme des Schweden Roy Andersson erinnernden Unterkühltheit scheinen sie nicht wahrzunehmen, wie viel Herz in Johan, wie viel Schönheit in ihrer Küstenlandschaft steckt. Der Briefträger tritt mit Vorliebe den Briefkasten um, der Sporttrainer hat kein Interesse an den ausgeprägten Dead-Hang-Künsten des Protagonisten. Dabei hilft auch nicht, dass der seine Jugendliebe nicht vergessen kann.
Daraus speist sich die Komik des Films: Dynamitstangen werden zu Johans Werkzeug der Rebellion gegen diese Herzlosigkeit und zugleich zum Deus Ex Machina, der sein Lebensglück immer dann wegnimmt, wenn es sich gerade eingestellt hat. Es ist ein im skandinavischen Kino traditionsreicher, staubtrockener Humor, der selten schallend zum Lachen, aber unentwegt zum Schmunzeln bringt.

Christopher Suss

Details

Originaltitel: Alle hater Johan
Norwegen 2022, 93 min
Genre: Komödie
Regie: Hallvar Witzø
Drehbuch: Erlend Loe
Kamera: Karl Erik Brøndbo
Schnitt: Trude Lirhus
Musik: Jorund Fluge Samuelsen
Verleih: Kairos Filmverleih
Darsteller: Pål Sverre Hagen, Ingrid Bolsø Berdal, Trond-Ove Skrødal, Igunn Beate Oyen
Kinostart: 14.03.2024

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