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Heimathorror: SCHLAF

Mit Kinobeteiligung

Aufgrund der speziellen pandemischen Umstände kann der Heimat-Horrorfilm SCHLAF bereits jetzt als Stream gesehen werden. Die Kinos sind mit 50% an den Einnahmen beteiligt.

Über den Film: Marlene lebt mit ihrer jugendlichen Tochter Mona in Hamburg. Die Beziehung ist eng. Marlene, ehemaliges Findel- und Heimkind, hat nur Mona. Nicht zuletzt schweißen die Beiden die besorgniserregenden Alpträume Marlenes zusammen. Der Schlaf ist für sie ein gespenstischer Dämon, der über sie herfällt und ihr teils Erinnerung, Atem und Handlungsfähigkeit stiehlt. Tochter Mona hält ihre Mutter in diesen anfallartigen Momenten fest, fängt sie auf, führt sie heraus. Einatmen, ausatmen. Das Rollenverhältnis, Beschützerin und zu Behütende, scheint verkehrt.
Ein Bild aus Marlenes Träumen ist ein Hotel, das sie nun in einer Zeitungsannonce wiederzuerkennen glaubt. Es treibt sie dort hin, in den Harz, und angekommen zwischen dunklen Wäldern, fällt Marlene nach einer seltsamen Begegnung mit den Hoteliers Lore und Otto in einen alptraumhaften Schlaf, aus dem sie nicht mehr zu erwachen scheint. Sie kommt ins Krankenhaus. Mona reist der Mutter nach und findet sich bald selbst von grausigen Träumen geplagt, die sie in eine düstere Familiengeschichte führen, in der Trude, eine Geisterfrau wie aus einer Sage, nach und nach Gestalt annimmt.
Das Langfilmdebüt von Michael Venus spielt mit Elementen des Märchens und des Horrors und webt dabei geschickt deutsche Geschichte und aktuelle Ereignisse ein. Die gespenstische Fabrik, die Selbstmordserie der Männer des Dorfs, Holzmasken und Tiere geben feinen Stoff um sich zu gruseln, ebenso wie die Heimattreue der Dorfbewohner*innen, die sich in einer nationalen Niederlage wähnen und ihr Dorf schützen wollen, koste es was es wolle. Der hervorragende Cast, mit Swantje Kohlhof als Mona, Agata Buzek als Trude und Sandra Hüller als Marlene, und die kunstvollen Bilder zwischen Realität und Alptraum öffnen den subtilen Horror. Nicht das ominöse Wesen Trude ist hier das Monster, sondern Populismus, Misogynie und Monas Angst davor „verrückt“ zu werden, wie die eigene Mutter.

Link zum Stream

Clarissa Lempp