
Feature, News
Filme für die Kinopause: Paris gehört uns (1961)
Mysteriöse Komplotte
In Zeiten, in denen man sich nur voller Sehnsucht an vergangene Reisen nach Paris erinnern kann, tröstet ein Blick in die Filmgeschichte. Die französische Hauptstadt fungierte als Szenerie für viele Filme der Nouvelle Vague, so auch für Jacques Rivettes ab 1958 gedrehtes und 1961 fertiggestelltes Spielfilmdebüt PARIS GEHÖRT UNS (PARIS NOUS APPARTIENT).
Im Juni 1957 bereitet sich Anne, Literaturstudentin an der Sorbonne, in ihrem Mansardenzimmer auf eine Prüfung über Shakespeare vor, als sie ihre Nachbarin weinen hört. Ihr Bruder Juan sei ermordet worden und nicht nur seine Freunde seien nun in Gefahr, so die verzweifelte junge Spanierin, die kurz darauf verschwindet. Am Abend begleitet Anne ihren Bruder Pierre auf eine Feier bei einem Maler, auf der Gäste wie der US-Amerikaner Philip, Journalist im Exil, über Juans Tod diskutieren. Als der Theaterregisseur Gérard und seine geheimnisvolle Freundin Terry auftauchen, macht Philip ihr rätselhafte Vorwürfe. Anne, die sich zaghaft in den charismatischen Gérard verliebt, bekommt wenig später trotz fehlender Schauspielerfahrung eine Rolle in dessen Inszenierung des Shakespeare-Stücks Perikles. Philip warnt die unbedarfte Anne unterdessen, Gérard werde das nächste Opfer einer Geheimorganisation sein. „Werde ich verrückt oder die ganze Welt?“ fragt Anne, die Detektivin spielt, ihren Bruder. „Beides, meine Liebe“, entgegnet er.
PARIS GEHÖRT UNS enthält Elemente, die Rivette in seinen späteren Filmen wieder aufnahm –mysteriöse Komplotte und Theater im Film. Cameo-Auftritte haben u.a. die Nouvelle Vague-Vertreter Jean-Luc Godard als Tippgeber in einem Café sowie Claude Chabrol und Rivette selbst als Partygäste. Durch literarische, philosophische, filmische, psychologische, aber auch politische und apokalyptische Anspielungen ermöglicht PARIS GEHÖRT UNS viele Lesarten – Zeit, den Film wiederzuentdecken!
Zu sehen bei MUBI
Stefanie Borowsky