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Feature, Filme

Filme für die Kinopause: BACURAU (2019)

Aufregend, überraschend und vieldeutig

Nicht immer kann man nachvollziehen, warum ein Film es nicht in die deutschen Kinos schafft. Doch dann gibt es auch Werke wie BACURAU – im vergangenen Jahr in Cannes mit dem Jury-Preis ausgezeichnet und anschließend auch beim Filmfest München geehrt – bei denen man keinen Moment lang verwundert (und natürlich trotzdem enttäuscht) ist. In der hiesigen Kinolandschaft ist es nun einmal wichtig, dass ein Film sich zumindest halbwegs problemlos kategorisieren lässt. Und genau daran scheinen Kleber Mendonça Filho und sein Ko-Regisseur Juliano Dornelles so gar kein Interesse zu haben.
Angesiedelt in der nicht allzu fernen Zukunft und einem fiktiven Ort in einer wüstenartigen Binnenlandschaft Brasiliens, setzt BACURAU damit ein, dass eine junge Frau (Bárbara Colen) anlässlich des Todes der Großmutter und Dorf-Matriarchin in die entlegene Heimat zurückkehrt. Und tatsächlich ist der Film durchaus ein gesellschaftskritischer, politisch und kolonialhistorisch aufgeladener Blick auf eine untergehende Welt, die – recht buchstäblich – von der Landkarte getilgt und der Außenwelt abgeschnitten wird. Doch dann tauchen rätselhafte Drohnen und schwer bewaffnete Amerikaner (darunter Udo Kier) auf Menschenjagd auf – und der Film nimmt immer neue, zusehends blutigere Wendungen.
Die wilde Mischung aus Neo-Western und allegorischer Dystopie, Horrorthriller und bitterböser Satire lässt nicht nur den vermeintlichen US-Skandalfilm THE HUNT alt aussehen, sondern ist erzählerisch so waghalsig und frappierend, dass man von der ersten Sekunde an gleichermaßen fasziniert wie verwirrt ist. So aufregend, überraschend und vieldeutig (plus, wie gesagt, verdammt brutal) sollten Filme viel häufiger sein. Zumal hierzulande.

Zu sehen bei: Mubi, auszuleihen für 3,99 €

Patrick Heidmann