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Berlinale V: Es passiert wenig, das aber intensiv

Wettbewerb: ÖNDÖG

Der mongolische Krimi ÖNDÖG nimmt sich für alles, was in ihm passiert, viel Zeit. Am Anfang findet die Polizei eine Frauenleiche mitten in der Steppe. Damit diese und der junge Rekrut, der sie bewachen muss, über Nacht nicht von Wölfen gefressen werden, wird eine Hirtin aus der Nachbarschaft abkommandiert, die man nur "Dinosaurier" nennt. Dinosaurier hielt es bislang nicht für nötig, zu heiraten und Kinder zu bekommen. Sie hat ihre Schafe und Kühe, und wenn sie mal Hilfe beim Kalben oder Schlachten braucht, ist ihr bester Freund nur einen Anruf und ein knatterndes Motorrad entfernt. Die Einsiedlerin versorgt den jungen Rekruten des Nachts mit Schnaps und guten Ratschlägen, und am nächsten Morgen ist auch schon der Mörder gefasst. Damit ist die Geschichte von ÖNDOG aber noch lange nicht zu Ende. Zigaretten müssen geraucht werden, Gedanken gewälzt und über die Verbindung zwischen Mongolen und Fossilien gesprochen werden. Eine wiederkehrende Einstellung ist eine extreme Totale, in der die Charaktere fast untergehen und der Zuschauer, wie es ein Kollege ausdrückte, immer wieder von links nach rechts blicken muss, ob er gerade etwas verpasst. Aber das, was man verpassen könnte, sind eher die unterschwelligen Zwischentöne, die sich über die Gesichter oder in den Blicken vermitteln. Es passiert wenig, das aber intensiv. Und man wird auf der ganzen Berlinale wohl keinen bewegenderen Tanz zu "Love me tender" finden als in diesem Film.

Weitere Vorführungen:
9.2. um 9:30 Uhr im Haus der Berliner Festspiele
9.2. um 12:15 und 18 Uhr im Friedrichstadtpalast,
10.2. um 12:45 Uhr im Berlinale Palast,

Christian Klose