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Feature, Festivals

Berlinale V: „Pakt des Vergessens“

Panorama: THE SILENCE OF OTHERS

Nachdem mit den Tod des Diktators die faschistische Herrschaft in Spanien endete, hatten viele Regimegegner die Hoffnung, dass ihre Angehörigen und Freunde, die aus politischen Gründen im Gefängnis saßen, nun eine Amnestie erfahren würden. Diese Hoffnung bewahrheitete sich auch. Doch das Amnestiegesetz, welches 1977 vom spanischen Parlament verabschiedet wurde, hatte noch eine andere Seite: Der „Pakt des Vergessens“ garantierte auch denjenigen Sicherheit vor Strafverfolgung, die sich während der Diktatur auf Seiten des Regimes schuldig gemacht hatten. So leben Gefolterte auf Straßen, die nach Franco und seinen Generälen benannt sind, während die, die sie gefoltert haben, sich öffentlich als Marathonläufer betätigen. Als sich die ehemaligen Regimegegner organisieren und sogar eine argentinische Richterin davon überzeugen, den Fall vor den Internationalen Gerichtshof für Menschenrechte zu bringen, werden ihnen von Seiten der spanischen Regierung alle möglichen Hindernisse in den Weg gelegt.
Parallel dazu verfolgt der Film die Geschichten zweier alter Frauen, die sich nichts mehr wünschen, als die Gebeine ihres Vaters bzw. Ihrer Mutter aus den anonymen Massengräber, in denen man sie vermutet, exhumiert und in ein eigenes Grab umgebettet zu sehen. Besonders der Fall von Maria Martín, die selbst dem Lebensende nahe scheint, und dennoch jedes Jahr Blumen an die Autobahn legt, unter der ihre Mutter begraben ist und per Hand an Minister und Bürgermeister schreibt, gibt einem abstrakten, bürokratischen Umstand ein sehr menschliches Gesicht.

Christian Klose