Magazin für unabhängiges Kino

Feature, Festivals, Filme

Berlinale IX: Braucht Deutschland endlich Serienkiller?

Auf der Pressekonferenz zu DER GOLDENDE HANDSCHUH

Die Pressekonferenz zu DER GOLDENE HANDSCHUH versprach, interessant zu werden. Hatte der Film auch nicht die blutigen Effekte geboten, die der Trailer angedeutet hatte, wird er mit seiner Mischung aus Maskengroteske, Sozialdrama und Gewaltszenen, die dadurch verstören, dass sie eben nicht albern splatterig sind, garantiert polarisieren. Einerseits fragt man sich schon, ob das jetzt das Hamburger Gegenstück zur Berlin-in-den-80ern-Nostalgiewelle der letzten Jahre wird, andererseits sind „Dittsche“ und „Der Tatortreiniger“ ja auch nur moderne Versionen davon.
Die mexikanische Gesandte war voll des Lobs und wollte Fatih Akin gleich einladen, auch mal dort einen Film zu drehen. Viel Lob bekam auch die Schauspielleistung des Jungstars Jonas Dassler und die Maske, die ihm die Jahrmarktsmonsterfresse des Fritz Honka verpasste. Ein Ziel des Films sei es gewesen, so Akin, dem Täter Honka seine Würde wiederzugeben. Wie es denn darum stünde, den Frauen, die er ermordete, die Würde wiederzugeben, war da eine offensichtliche Folgefrage. Dem künstlich abgewrackten Dassler stehen ja eine ganze Reihe von Gästen des „Goldenen Handschuh“ gegenüber, die weitaus realistischer kaputt wirken (deren Darsteller*innen aber natürlich auch mehr als doppelt so alt sind) und deren Schicksale dadurch direkter spürbar sind, bevor sie in seiner Mansarde landen. Eine Antwort darauf wurde größtenteils vermieden. Margarete Tiesel, die ein Opfer spielt, konnte zwar beitragen, dass die Stimmung am Set sehr gut war, hielt sich ansonsten aber bedeckt, und die Produzentin verwies auf die ständige Anwesenheit von Psychologinnen am Drehort.
Viele der Künstler, deren Schlager (neben den brummenden Soundscapes von F.M. Einheit) den Soundtrack liefern, waren zwar schockiert von dem Film, die meisten haben aber ihr Einverständnis gegeben. Und Akin Jr., der genau wie der junge Fatih ein Faible für Horrorfilme hat, ist sehr stolz, dass Vati endlich einen Film gemacht hat, auf dem das rote „Keine Jugendfreigabe“-Gütesiegel haften wird.
Vielleicht war es alles nicht so ganz befriedigend wie es hätte sein können, aber vielleicht sind Berlinale-Pressekonferenzen auch nicht der Ort für tiefere Diskussionen. Besonders, wenn sie mit so intelligenten Fragen wie „Braucht Deutschland endlich Serienkiller?“ beginnen.

Christian Klose