Feature, Festivals
Berlinale IV: Ein solider Genrefilm, der wichtige historische Fakten vermittelt
Wettbewerb: BLACK 47
WETTBEWERB: Seit die Berlinale die Tagespresse und die Wochen- und Magazinpresse getrennt hat, sind die Pressevorstellungen wieder ohne lebensgefährliches Gedrängel besuchbar. Der Buschfunk beginnt allerdings früher als bisher. Dem irischen Rachewestern BLACK 47 ging der Ruf voraus, in der Tagespresse-Vorstellung hätten einige den Film nicht ertragen und die Vorstellung verlassen. Tatsächlich ist BLACK 47 ein finsterer Film über den größten Völkermord der Kolonialzeit auf europäischem Boden vor dem deutschen Faschismus. Die Kartoffelfäule, die 1847 die Ernten im von England besetzten Irland vernichtete, hatte zuvor bereits zwei Jahre zuvor in Kontinentaleuropa die Felder in schwarze, faulig stinkende Krautmassen verwandelt. Auch in Preußen und Niedersachsen gab es Hungersnot und Auswanderungswellen, aber in Irland nutzte die Kolonialmacht die Gelegenheit, sich systematisch die einheimische Bevölkerung vom Hals zu schaffen.
BLACK 47 erzählt die Geschichte des irischen Soldaten Martin Feeney, der für die englische Krone in Afghanistan gekämpft hat. Er reitet durch die verwüstete Landschaft nach Hause, um ihn herum verlassene Häuser mit abgedeckten Dächern. Der Steuereintreiber des Lords hält in seinem Elternhaus, das ebenfalls kein Dach mehr hat, Schweine. Seine Eltern und Brüder sind tot, aus ihrem Haus vertrieben, weil sie die Steuern nicht abführen konnten, seine Schwägerin und ihre Kinder werden gerade des Obdachs beraubt und erfrieren, während Martin gefangengenommen wird. BLACK 47 erklärt die Hintergründe beiläufig, aber genau. Der Lord will Schafe züchten, aus wenig profitablem Ackerland Weideland für die Schafzucht machen, für Bewohner muss er an die Krone eine Kopfsteuer abführen, je weniger Köpfe, desto weniger Steuern. Martins Rachefeldzug ist souverän gefilmt und orientiert sich an Veteranenfilmen wie FIRST BLOOD und der linken Westerntradition von Sergio Leone und Michael Cimino. BLACK 47 ist ein solider Genrefilm, der wichtige historische Fakten vermittelt. Nicht der schlechteste Beitrag zur postkolonialen Debatte und zur Kritik der Ideologie der Kolonialsysteme. Dass es so wenige Filme über diese prägende Epoche der europäischen Geschichte gibt, ist erstaunlich.
Tom Dorow