Neue Notiz
Zone.
Die Göttin hat aufgegeben
Christina Friedrich lässt eine namenlose junge Frau durch die Echokammer einer diktatorisch geprägten Gesellschaft wandern
Unser menschlicher Bodensatz, unsere Essenz - wo lagert sie? Durch welche Wechselwirkungen, welchen Austausch mit dem Anderen, dem Außen, wird sie geformt? Christina Friedrich lässt eine namenlose junge Frau durch die Echokammer einer diktatorisch geprägten Gesellschaft wandern. Die theatralen Settings verraten Friedrichs Bezug zur Bühne, aber auch ihre DDR-Sozialisation und ihr frühes Interesse für Hydrogeologie.
Die Regisseurin verwehrt dem Publikum die dramaturgisch gebaute Geschichte, in der eine Hauptfigur sich entwickelnd auf ein Ende zusteuert, das gut oder schlecht ist. Oder offen. Vielmehr hängt ihre permanent rebellierende Heldin in einem ermüdenden Loop fest. Einer Endlosschleife teils grausiger Erinnerungen, in der der süße Kakao am Tisch von Omi von der Hässlichkeit der Blutwurstbrote erschlagen wird und die frühpubertären Tänze im Club nichts freundlich Nostalgisches haben. Selten gibt es Erholung und ein wenig Liebe. Das ostdeutsch geprägte Auge erkennt, kann sich aber nicht wohlig erinnernd in den Tableaus einrichten, die zum Teil von bonbonbunten Farbpaletten, süßen Pantoletten und Blümchenmustern geprägt sind - verführerisch angerichtet.
Friedrichs filmische Arbeit, die auf ihrem Roman „Keller“ basiert, wirkt wie ein verzweifeltes Wühlen in der blutgetränkten deutschen Erde. Die junge Frau ist Viele, sie verkörpert die Generationen vor ihr, aber auch den vereinzelten Menschen, der versucht Sinn und Bindung zu finden. „Die Geschichten leben in den Mauern.“ Und wehe, du drehst einen Stein um. Stimmen hallen in Köpfen, Bergwerken, über Brachen, Kombinaten, Harzer Landschaften, in Ställen, Ruinen, Anstalten – überall werden Menschen vermessen, herabgesetzt, abgeschliffen, ermordet. Auch die Göttin hat aufgegeben. Nirgends wird mit ihr gelacht, nur über sie.
Originaltitel: Zone
Deutschland 2024, 131 min
Genre: Drama
Regie: Christina Friedrich
Drehbuch: Christina Friedrich
Kamera: Katharina Mänz, Felix Müller, Katja Rivas Pinzón, Emma Lena Weber
Schnitt: Jörg Volkmar
Musik: Henry Uhl
Verleih: eksystent
Darsteller: Kea Krassau, Rosa Wassermann, Martina Eitner-Acheampong, Caroline Adam Bay
FSK: 12
Kinostart: 03.10.2024
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