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Wo in Paris die Sonne aufgeht

Olymp, auf die Erde gefallen

Ein Götterpaar im Olymp, nackt, zart, verletzlich und stark. Später latscht die Göttin im Supermarkt herum und verkauft Filme im Callcenter. Eine Göttin studiert nach jahrelangem Missbrauch Jura. Unten, Oben, Sex, Welt, Geld.

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WO IN PARIS DIE SONNE AUFGEHT hat den Originaltitel LES OLYMPIADES: eine Hochhaussiedlung in Paris. Der Film LE PROPHÈTE, 2009 von Jacques Audiard gedreht, heißt wie eine Bushaltestelle in Marseille. Dieser neue Film des Regisseurs entfaltet seine Geschichte mit Verweisen auf LES ENFANTS DU PARADIS, einem Schlüsselwerk der französischen Filmgeschichte. Konventionell und neu gleichzeitig, verwebt Audriard die Orte und ihre Geschichten. Ein Sieb, an dem die Löcher das Wichtigste sind, wie der Ausblick aus der Wohnung eines Betonklotzes. Das schöne, junge Paar darin ist schwarzweiß und geschmeidig. Ein Götterpaar im Olymp, nackt, zart, verletzlich und stark. Später latscht die Göttin im Supermarkt herum und verkauft Filme im Callcenter. Unterschiedliche Lebensräume der Stadt Paris entfalten und durchkreuzen sich präzise an den Personen entlang. Es geht um Bildung, Gerechtigkeit, Immobilien. Immer wieder gibt Architektur Statik vor und begleitet so die Geschichte. Eine Göttin studiert nach jahrelangem Missbrauch Jura. Unten, Oben, Sex, Welt, Geld: Das Klischee der Figuren ist es, in verschiedene Richtungen ihr Klischee zu wechseln. Kurz in Farbe, wie eine Störung, hält uns ein Mädchen Flammen entgegen. Sie gratuliert „Baptiste“ (aus LES ENFANTS DU PARADIS). Das Mädchen bleibt erst einmal auf ihrer Sexseite, aber gibt der Sehnsucht einen Namen. Klar, es ist lustvoll, schöne, nackte Menschen in ihrer Verletzlichkeit zu sehen. Zwischen Mauern, durchwoben von Lichtstrahlen. Dies komplexe Gebilde wirkt ausgedacht und realistisch zugleich. Wie ein gelungenes Skatspiel, ein Film, Architektur als Gesellschaft. Der Olymp ist auf die Erde gefallen und wir wohnen in ihm. Der letzte gesprochene Satz ist ein Liebesgeständnis durch eine Gegensprechanlage auf dem Weg zum Friedhof.

Katrin Eissing

Details

Originaltitel: Les Olympiades
Frankreich 2021, 105 min
Genre: Drama, Romance
Regie: Jacques Audiard
Drehbuch: Jacques Audiard, Léa Mysius, Céline Sciamma
Kamera: Paul Guilhaume
Schnitt: Juliette Welfling
Musik: Rone
Verleih: Neue Visionen Filmverleih
Darsteller: Noémie Merlant, Lucie Zhang, Makita Samba, Lily Rubens
FSK: 16
Kinostart: 07.04.2022

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