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Wish I Was Here

Vom Leben gebeutelt

Zach Braffs Tragikomödie WISH I WAS HERE tritt in die Fußstapfen seines Kulthits GARDEN STATE und versammelt einen Haufen schrullig-liebenswerter Alltagshelden

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Der 35-jährige Familienvater Aidan Bloom (Zach Braff) versucht sich erfolglos als Schauspieler in Los Angeles. Das ist nur möglich, weil seine Frau Sarah (Kate Hudson) als Sachbearbeiterin bei den Wasserwerken einem Vollzeitjob nachgeht und sein Vater Gabe (Mandy Patinkin) die Gebühren für die jüdische Privatschule der Kinder übernimmt. Während Tochter Grace (Joey King) sich vollends dem Glauben widmet, lässt der kleine Tucker (Pierce Gagnon) die Pubertierende gern mit kleinen Seitenhieben auflaufen.
Die Blooms stehen im Mittelpunkt von WISH I WAS HERE, dem neuen, zweiten Film von Schauspieler und Regisseur Zach Braff, der inzwischen vor allem für seine Rolle des Dr. John Dorian in der Serie „Scrubs“ bekannt ist. Wie in seinem überraschend erfolgreichen Debüt GARDEN STATE (2004) vor zehn Jahren bildet ein Alter-Ego Braffs, ein verkannter Schauspieler, um den sich eine Schar liebenswerter und mitunter schrulliger Figuren versammelt, den Dreh- und Angelpunkt des Filmes. Nur dass Aidan jetzt zehn Jahre älter ist als es sein Pendant Andrew damals war.

Der Film beginnt mit einer munteren Diskussion der Blooms am Frühstückstisch über Schimpfwörter. Schon bei diesem herzerfrischendem Auftakt von WISH I WAS HERE beschleicht einen die ungute Ahnung: so richtig fest sitzen die Vier nicht im Sattel des Alltags. Etwas später bringt ein Anruf das labile familiäre Gleichgewicht tatsächlich ins Wanken. Bei Aidans Vater wurde erneut Krebs diagnostiziert und die Heilungschancen stehen schlecht. Wegen der hohen Behandlungskosten kann er sich das Schulgeld für die Kinder nicht mehr leisten. Da Aidan eine tiefe Abneigung gegen öffentliche Schulen hat, beschließt er, seine Kinder zu Hause zu unterrichten. Doch statt Mathe und Literatur steht bald das Leben insgesamt auf dem Stundenplan, insbesondere dessen Tiefpunkte.
So unternimmt Aidan beispielsweise mit Grace und Tucker einen Kurztrip in die Wüste, und zeigt ihnen jenen Aussichtsort, an dem er Jahre zuvor erkannte, dass er irgendwie feststeckt

Zach Braff inszeniert WISH I WAS HERE mit einem außerordentlichen Gespür für Wortwitz und pointierte Dialoge. Vor der sonnengetränkten Kulisse von Los Angeles geht es um verlorene Söhne und Väter, Niederlagen und große Träume, tiefsitzende Ängste und familiären Halt. Auch wenn Braff nicht direkt an GARDEN STATE anknüpft, ist die Verwandtschaft unverkennbar. Schrie schon das Debüt in die Welt hinaus, dass es nie zu spät ist, das Richtige zu tun, so hat sich das auch WISH I WAS HERE auf die Fahne geschrieben. Und wieder gibt es einen melancholisch-schönem Indie-Soundtrack – befreundete Musiker wie Bon Iver, Paul Simon oder auch Chris Martin von Coldplay schrieben Songs für den Film – mit dem Braff die Höhen und Tiefen der vom Leben gebeutelten Blooms sympathisch in Szene setzt, ohne dabei in triefende Sentimentalitäten oder ins Lächerliche abzudriften.

Auf der Handlungsebene ist WISH I WAS HERE frei von großen Überraschungen, dabei aber so unaufdringlich schön inszeniert, dass man ihm das Quäntchen zu viel hier und da gerne verzeiht, etwa die surrealen Zwischensequenzen, in denen sein Protagonist Science-Fiction-gleich auf eine zweifelhafte Heldenmission aufbricht. Auch ein sexistischer Arbeitskollege von Sarah wirkt anfangs etwas deplatziert. Aber gerade die kleinen Nebenstränge erlauben es Braff, nicht nur die Nuancen der Beziehung zwischen Sarah und Aidan expliziter herauszuarbeiten, sondern auch das Profil seiner Hauptfigur weiter zu schärfen.

Zach Braff realisierte WISH I WAS HERE mit einer extrem erfolgreichen Kickstarter-Kampagne, die über drei Millionen Dollar einspielte und Braff komplette künstlerische Freiheit ermöglichte.

Eileen Reukauf

Details

USA 2014, 120 min
Genre: Drama, Komödie
Regie: Zach Braff
Drehbuch: Zach Braff, Adam J. Braff
Kamera: Lawrence Sher
Schnitt: Myron Kerstein
Musik: Rob Simonsen
Verleih: Wild Bunch Germany
Darsteller: Zach Braff, Kate Hudson, Josh Gad, Mandy Patinkin, Joey King
FSK: 6
Kinostart: 09.10.2014

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