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We are the Flesh

Nicht alle bleiben tot

Wenn Mariano nicht trommelt, destilliert er Schnaps aus organischer Masse. Als ein Geschwisterpaar in seine einsame Welt eindringt, beginnt er ein Spiel um Inzest, Fleisch, Blut und Tod mit ihnen.

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In einem Haus irgendwo im Nirgendwo oder in einem apokalyptischen Ödland lebt der Waldschrat Mariano. Er ist nicht allein, wie er sagt, sondern hat eine leidenschaftliche Affäre mit der Einsamkeit. Mal schlägt er dabei einen Tisch in Stücke oder trommelt bis zum Umfallen, aber meistens destilliert er Schnaps aus undefinierter organischer Masse, tauscht ihn mit ungesehenen Nachbarn gegen Eier oder trinkt selbst ein paar Tropfen aus einer Pipette. In diese Idylle bricht ein Geschwisterpaar auf der Suche nach Essen und Obdach ein. Und so kindisch vergnügt, wie sie bei ihrer Ankunft noch auf dem Bett hüpfen, so erwachsen wird das Spiel, das er mit ihnen spielen will. Gleichermaßen Gastgeber und Geiselnehmer verwandelt er mit ihnen das Haus in ein Höhlensystem, und überzeugt sie mit ein wenig Gift davon, dass ein Geschwisterverhältnis kein Grund sein muss, keinen Sex miteinander zu haben.
Was dann folgt, ist eine Liebesgeschichte, eine Meditation über Familie und darüber, was man als guter Mensch tun (und lassen) sollte oder eine religiöse Parabel über Liebe, Sex, die Sonne und den Tod. Ein paar Leute sterben, aber nicht alle bleiben tot.
WE ARE THE FLESH erzählt nur minimal eine Geschichte. Vielmehr ist der Film ein Trip, auf den man sich einlässt. Es geht um Fleisch, Blut und andere „exquisite Substanzen“, die man aus dem Körper holt oder in den Körper einführt. Am Schluss gibt der zu diesem Zeitpunkt vollkommen luziferische Mariano sogar eine Party/Orgie, bei der nicht mal das Bild ruhig bleiben kann. Die Verwunderung darüber, dass es dieser Film tatsächlich in die deutschen Kinos geschafft hat, weicht bald der Ekstase, wenn Emiliano Rocha Minters Erstlingsrausch zu wirken beginnt. Für bleibende Veränderungen an der eigenen Psyche wird keine Haftung übernommen.

Christian Klose

Details

Originaltitel: Tenemos la carne
Frankreich/Mexiko 2016, 79 min
Genre: Horror
Regie: Emiliano Rocha Minter
Drehbuch: Emiliano Rocha Minter
Kamera: Yollótl Alvarado
Schnitt: Yibran Assaud
Musik: Esteban Aldrete
Verleih: Drop-Out Cinema
Darsteller: Noe Hernandez, María Evoli, Diego Gamaliel
FSK: 18
Kinostart: 06.10.2016

Website
IMDB

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