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Verliebt, verlobt, verloren

Ein Vater in Nordkorea

In VERLIEBT, VERLOBT, VERLOREN erzählt Sung-Hyung Cho (FULL METAL VILLAGE) die Geschichte der Frauen, die in der DDR der 1950/1960er Jahre Beziehungen mit nordkoreanischen Gaststudenten hatten und die Geliebten und Väter ihrer Kinder wieder verloren, als die Studenten in die Heimat zurück beordert wurden.

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1952 entsandte Nordkorea eine Vielzahl junger Studenten in andere sozialistische Länder, die mit dem dort erlangten Wissen beim Wiederaufbau der vom Krieg zerstörten Heimat helfen sollten. Viele von ihnen kamen in der DDR unter. Die deutschen Kommilitoninnen entwickelten für die exotischen Entsandten des isolierten Bruderstaates nicht selten ein großes Interesse. Ungeachtet des politischen Kontextes entstanden so viele Beziehungen, Kinder wurden geboren und Pläne geschmiedet. Anfang der 60er Jahre mussten die Koreaner ihre neuen Leben und Lieben wieder aufgeben und wurden von ihrer Regierung zurückbeordert, ungeachtet ihrer neu aufgebauten Existenzen in der DDR.
In ihrer Doku VERLIEBT, VERLOBT, VERLOREN erzählt die gebürtige Südkoreanerin Sung-Hyung Cho (FULL METAL VILLAGE) die Geschichte der Zurückgebliebenen, der Kinder und Mütter, die bei allem Schmerz ihre Hoffnung auf ein Wiedersehen nie aufgegeben haben. Cho, die sich mit ihrem 2009 gedrehten Film ENDSTATION DER SEHNSÜCHTE bereits einmal mit einem Aspekt der deutsch-koreanischen Geschichte beschäftigt hat, konzentriert sich in VERLIEBT, VERLOBT, VERLOREN dabei auf die Erzählungen der deutschen Familienangehörigen. Auf eine Darstellung der politischen wie historischen Umstände verzichtet sie bis auf kurze Hintergrundinformationen zum Koreakrieg ganz bewusst und gibt den persönlichen Schicksalen Raum.
Die Sichtweise der nordkoreanischen Seite fehlt leider völlig, was aufgrund der politischen Lage des Landes natürlich unvermeidlich ist. Doch auch trotz dieser Lücken ist VERLIEBT, VERLOBT, VERLOREN ein berührender Einblick in eine bisher wenig beachtete Episode der deutschen Geschichte, die einmal mehr zeigt, wie die umwälzenden Entwicklungen globaler Geschehnisse Einfluss auf persönliche Schicksale nehmen und tragische Folgen nach sich ziehen können.

David Herger

Details

Deutschland 2015, 93 min
Genre: Dokumentarfilm
Regie: Sung Hyung Cho
Drehbuch: Sung-Hyung Cho
Kamera: Thomas Schneider
Schnitt: Fabian Oberhem, Sung-Hyung Cho
Musik: Wolfram Gruss
Verleih: Farbfilm
FSK: oA
Kinostart: 25.06.2015

Website

Vorführungen

Keine Programmdaten vorhanden.

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