Magazin für unabhängiges Kino
Filmwecker
Filmnotiz

Neue Notiz

Vater Unser

Mutiger Schritt

Priester Robi trägt seit zehn Jahren ein Geheimnis mit sich herum: Während er predigt, das lokale Fußballturnier organisiert oder die Dorfjugend zur Gesangsstunde vereint, warten seine drei Kinder und ihre Mutter Anka auf ihn. Dokumentarfilm.

Mehr

In der katholischen Kirche werden in jüngster Zeit immer mehr Stimmen laut, die eine Abschaffung des Zölibats fordern. Der Münchner Kardinal Reinhard Marx sagte Anfang des Jahres in einem Zeitungsinterview: „Es wäre besser für alle, die Möglichkeit für zölibatäre und verheiratete Priester zu schaffen.“ Es ginge dabei nicht nur um „sexuelle Gründe“, sondern auch darum, Einsamkeit zu verhindern. Diese Diskussion muss jetzt geführt werden, und die Geschichte von Robi, einem engagierten Priester in Ungarn, ist dafür eine gute Gesprächsgrundlage. Robi, der in seiner Gemeinde Dreh- und Angelpunkt aller dörflichen Aktivitäten ist, trägt auch seit zehn Jahren ein Geheimnis mit sich herum. Während er predigt, das lokale Fußballturnier organisiert oder die Dorfjugend zur Gesangsstunde vereint, warten seine drei Kinder und ihre Mutter Anka auf ihn. Nur geschätzte zwölf Stunden in der Woche kann er mit seiner Familie verbringen. Julianna Ugrin und Márton Vízkelety scheinen dem Priester mit ihrer Kamera die Möglichkeit für eine sehr persönliche Beichte geboten zu haben. Er wirkt erleichtert, endlich über seine innere Zerrissenheit zwischen Amt und Liebe sprechen zu können. Anka hatte in all den Jahren nie eine Entscheidung von Robi gefordert, akzeptiert, dass sie sich nie zusammen zeigen durften. Interessanterweise wird sie am Ende von vielen Dorfbewohner*innen als Schuldige gesehen. Eva hat den Garten Eden sabotiert, Anka nimmt dem Dorf den guten Hirten - die Erbsünde liegt auch heute noch auf weiblichen Schultern. Dem Regieteam und vor allem auch Robi und Anka gelingt mit dem mutigen Schritt, öffentlich zu ihrer Familie zu stehen, ein wichtiges Signal an die katholische Kirche, sich Reformen nicht länger zu verschließen und ihre Doppelmoral aufzugeben.

Susanne Kim

Details

Originaltitel: Holy Dilemma: Mi Atyank
Ungarn 2021, 90 min
Genre: Dokumentarfilm
Regie: Julianna Ugrin, Martin Vizkelety
Drehbuch: Julianna Ugrin, Martin Vizkelety
Kamera: Martin Vizkelety
Verleih: Cine Global
Kinostart: 23.06.2022

Website
IMDB

Vorführungen

Filter
Multiplexe anzeigen

ALLE ANGABEN OHNE GEWÄHR.
Die Inhalte dieser Webseite dürfen nicht gehandelt oder weitergegeben werden. Jede Vervielfältigung, Veröffentlichung oder andere Nutzung dieser Inhalte ist verboten, soweit die INDIEKINO BERLIN UG (haftungsbeschränkt) nicht ausdrücklich schriftlich ihr Einverständnis erklärt hat.