Magazin für unabhängiges Kino
Filmwecker
Filmnotiz

Neue Notiz

Van Gogh – An der Schwelle zur Ewigkeit

Künstlerisches Erleben

Der beste Film über Van Gogh seit Maurice Pialats VAN GOGH (1991) und Robert Altmans VINCENT AND THEO (1990) zeigt den Künstler als einen Pionier der gestischen Malerei und als Vorläufer einer expressionistischen Abstraktion.

Mehr

Julian Schnabels VAN GOGH ist der beste Van Gogh-Film seit Robert Altmans VINCENT UND THEO (1990) und Maurice Pialats VAN GOGH (1991). Nach dem Postkartenkitsch von LOVING VINCENT (2017) erscheint Schnabels Film beinahe wie eine Rettung der Künstlerehre. Willem Dafoe spielt einen sanften, zerbrechlichen Van Gogh, der keinen Zweifel an seiner künstlerischen Arbeit hat und seine Kunsttheorie ausformulieren kann. In Schnabels Film ist Van Gogh ein erfolgreicher Künstler, weil seine künstlerische Praxis erfolgreich ist. Er zeigt keinen gequälten, sondern einen in seiner Kunst glücklichen Mann, der allerdings psychische Probleme hat. Schnabels Film widersetzt sich den Klischees über Van Gogh in jeder Hinsicht. Vielleicht kann tatsächlich nur ein Maler wie Schnabel, der auch einige der im Film zu sehenden Van Goghs gemalt hat, etwa das Porträt von Willem Dafoe als Selbstporträt Van Goghs, die Tätigkeit des Malens so genau erfassen. „Ich male, was in meinem Kopf ist“, sagt Gauguin – ein Weg, der in die Abstraktion führt. „Ich male was ich sehe“, sagt Van Gogh, und Schnabel präzisiert im Gespräch beim Filmfestival von Toronto: „Van Gogh interessierte sich dafür, wie das Licht Dinge traf“. Aber er lässt Van Gogh auch sagen: „Bilder müssen schnell gemalt werden“, ein Hinweis, dass Schnabel den Maler eher in der Tradition einer Malerei der Aktion und der Geste sieht, in der Schnabels Neo-Expressionismus selbst steht. Die Kamera übernimmt oft den Blick Van Goghs, ohne allerdings zu versuchen, dessen Bildwelt in diesen Blick zu übertragen. Es geht eher um einen direkten emotionalen Bezug zum künstlerischen Blick. Unten im Bild befindet sich oft ein dunkler, unscharfer Bereich, der durch doppelte Brennweiten und Filter vor dem Objektiv erzeugt wird. Das wirkt ein wenig, als blicke man durch ein umgekehrtes Gemälde von Mark Rothko auf die Welt. In Schnabels Film geht es um künstlerisches Erleben. Wenn Van Gogh im Film sagt: „Ich glaube, dass ich Menschen sich lebendiger fühlen lassen kann“, gilt das auch für Schnabels Film.

Tom Dorow

Details

Originaltitel: At Eternity's Gate
Großbritannien/Frankreich/USA 2018, 110 min
Sprache: Englisch
Genre: Biografie, Drama
Regie: Julian Schnabel
Drehbuch: Jean-Claude Carrière, Julian Schnabel
Kamera: Benoît Delhomme
Verleih: DCM
Darsteller: Oscar Isaac, Willem Dafoe, Mads Mikkelsen, Rupert Friend, Niels Arestrup, Emmanuelle Seigner, Mathieu Amalric
FSK: 6
Kinostart: 18.04.2019

Website
IMDB

Vorführungen

Keine Programmdaten vorhanden.

ALLE ANGABEN OHNE GEWÄHR.
Die Inhalte dieser Webseite dürfen nicht gehandelt oder weitergegeben werden. Jede Vervielfältigung, Veröffentlichung oder andere Nutzung dieser Inhalte ist verboten, soweit die INDIEKINO BERLIN UG (haftungsbeschränkt) nicht ausdrücklich schriftlich ihr Einverständnis erklärt hat.