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Die Journalistin Gisella lädt spontan nach einem kurzen Gespräch die Venezolanerin Marisol und die Uganderin Abeba mit ihrer Tochter Luna ein, bei ihr zu wohnen. Aber Gisella will bald Regeln für ihre neuen Mitbewohnerinnen aufstellen.

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Die Journalistin Gisella kündigt ihren Job, weil der Redakteur ihren Text umgeschrieben hat. Sie hat eine große bürgerliche Villa geerbt, aber sie hat auch Schulden, die noch dadurch verschärft werden, dass sie Geld in die darniederliegende Firma eines Freundes investiert hat. Als Bewerbungstext für ein linkes Magazin soll sie nun einen Artikel über die Wohnsituation von Migrant:innen schreiben. Gisella folgt einem Mann, der täglich vor ihrem Haus das Leergut einsammelt und findet eine illegal vermietete Bruchbude, in der die Venezolanerin Marisol und die Uganderin Abeba mit ihrer Tochter Luna leben. Nach einem kurzen Gespräch lädt Gisella die Frauen ein, bei ihr im Haus zu wohnen.
Zunächst ist eitel Sonnenschein. Gisella hat zwei neue Instant-Freundinnen und ein entzückendes Ersatz-Kind. Aber bald beginnen typische WG-Probleme unter den verschärften Vorzeichen rassistischer Machtverhältnisse. Die neuen Mitbewohnerinnen machen Geräusche, wenn Gisella schlafen will, kleckern auf teure Teppiche und haben Gäste. Außerdem hat Gisella kein Geld mehr. Sie beschließt, Regeln aufzustellen.
Ásthildur Kjartansdóttirs Film ist dicht inszeniert und die exzellenten Schauspielerinnen lenken von der etwas zu deutlichen Konstruiertheit der Geschichte ab. Elma Lísa Gunnarsdóttir als Frau, die glaubt, das Gute zu wollen, aber zu erheblicher Brutalität fähig ist, zeigt sehr präzise, wie ein Überschreiten ihrer persönlichen Grenzen sie verstört, während sie selbst keinerlei Respekt für die Grenzen anderer besitzt. Sie will sich selbst verwirklichen, kann das aber nicht, weil sie nicht die Person ist, für die sie sich hält. Die Frage ist allerdings, ob der Film selbst in seiner Geschichte nicht den gleichen Fehler begeht. Abebe und Marisol sind dann doch mit sehr grober und sehr Weißer Feder gezeichnet.

Hannes Stein

Details

Originaltitel: tryggd – The Deposit
Island 2019, 89 min
Genre: Drama
Regie: Ásthildur Kjartansdóttir
Drehbuch: Ásthildur Kjartansdóttir
Kamera: Ásgrímur Guðbjartsson
Schnitt: Andri Steinn Guðjónsson
Musik: Kira Kira
Verleih: Nordlichter
Darsteller: Elma Lísa Gunnarsdóttir, Enid Mbabazi, Raffaella Brizuela Sigurðardóttir, Claire Harpa Kristinsdóttir
Kinostart: 06.08.2020

Website
IMDB

Vorführungen

Keine Programmdaten vorhanden.

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