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Trouble Every Day

Kinostart nach 21 Jahren

Ein glamouröses Paar kommt in Paris an, ein Motorradfahrer sammelt auf einem Parkplatz eine schöne, entrückte Frau ein. Claire Denis‘ Film mit Vincent Gallo, Beatrice Dalle und der Musik von Tindersticks.

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Als Claire Denis‘ TROUBLE EVERY DAY 2001 bei den Cannes Festspielen gezeigt wurde, verließen einige Zuschauer*innen schockiert den Saal. Auf die vor 20 Jahren völlig neue Form des genreüberschreitenden Kunst-Horros waren das Publikum damals kaum vorbereitet. Auch nicht die Horror-Fans, denn für Claire Denis‘ Film braucht es zunächst einmal viel Geduld und Aufmerksamkeit. In fragmentarisch wirkenden Sequenzen zur ultramelancholischen Musik der „Tindersticks“ kommt das frisch verheiratete Paar Shane (Vincent Gallo) und June in Paris an, um dort ihre Flitterwochen zu verleben. Ihre Liebe ist ruhig und zärtlich, aber innerlich wird Shane von verstörenden Erinnerungen gepeinigt, die er, zusammen mit dem wahren Grund für die Reise, vor seiner Frau versteckt. Aber es hat mit dem Motorradfahrer zu tun, der zur gleichen Zeit eine blutverschmierte, entrückt wirkende Schönheit (Beatrice Dalle) von einem Autobahnrastplatz aufsammelt, und ähnlich zart und liebevoll ins gemeinsame Zuhause bringt. Aus den wenigen gewechselten Worten und kleinen Details schält sich die gemeinsame Geschichte dieser Paare heraus. Doch das, was sich nach einer Stunde Film entlädt, ist mehr als nur Reue über falschen Ehrgeiz und unterkühlte Sehnsucht, es ist ein blutiger Exzess, bei dem sich monströse Leidenschaften ihren Weg aus den Körpern bahnen. Würde ab jetzt nur „Body Horror“-Splatter folgen, wäre der Film kurz schockierend, aber ansonsten einfach verdaulich. Doch je mehr die Protagonist*innen versuchen, wieder die zivilisiert-zurückhaltende Maske aufzusetzen, desto klarer wird, dass die Grausamkeit schon in der anfänglichen Emotionslosigkeit steckte. Diese Kombination macht den Film beim ersten Sehen kryptischer, eröffnet aber im Nachhinein Parallelen zu gesellschaftlichen Themen wie der gesellschaftlichen Schere, die in den 20 Jahren seit der Premiere des Films viel Aufmerksamkeit erhalten haben. Das herausfordernde Werk lädt nun, frisch restauriert und zum ersten Mal in deutschen Kinos, zum Entschlüsseln ein.

Christian Klose

Details

Frankreich 2001, 101 min
Sprache: Englisch, Französisch
Genre: Drama, Erotischer Film, Horror
Regie: Claire Denis
Drehbuch: Claire Denis, Jean-Pol Fargeau
Schnitt: Nelly Quettier
Musik: Tindersticks
Verleih: rapid eye movies
Darsteller: Vincent Gallo, Beatrice Dalle, Aurore Clément, Alex Descas, Florence Loiret Caille
FSK: 18
Kinostart: 03.03.2022

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