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Tristia

Vom Goldenen Vlies zum Miss Silikon-Wettbewerb

Mit TRISTIA unternimmt Stanislaw Mucha eine unterhaltsame Odyssee durch alle Anrainerstaaten des schwarzen Meeres. Im Hintergrund schwebt die geschichtliche Antike – und vor der Kamera ist der Alltag mit Müllbergen und heruntergekommenen Bauruinen, mit der Sotchi-Olympia-Baustelle und einem Miss Silikon-Wettbewerb zu sehen.

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Die Amazonen haben in Samsun, Türkei, gelebt. Jason und Medea kamen aus Kolchis, Georgien. Gleich zwei Städte – in der Ukraine und in Rumänien – rühmen sich als Ovid-Exil. Am Strand in Rumänien kann man für 200 Euro das Goldene Vlies kaufen.
Eine Odyssee durchaus im antiken Sinn hat Stanislaw Mucha (ABSOLUT WARHOLA, DIE MITTE) mit TRISTIA vor: Die Umrundung des Schwarzen Meeres, eine Reise durch alle Anrainerstaaten, von der berühmten Odessa-Treppe bis nach Rumänien. Im Blick die geschichtliche Antike – und vor der Kamera der Alltag, mit Müllbergen und heruntergekommenen Bauruinen, mit der Sotchi-Olympia-Baustelle und einem Miss Silikon-Wettbewerb. Und mit den Anwohnern, die sich vor der Kamera präsentieren, die mal ihre Verwandten in Deutschland grüßen, mal von ihrem Leben erzählen, die mal ihren Umgang mit einem Tanzbären verteidigen und mal über die Verluste im Georgienkrieg trauern.
Gedreht wurde im Sommer 2013; die Krim war noch nicht besetzt, der Osten der Ukraine noch nicht in Bürgerkrieg erstarrt. Doch die aktuelle Krise verwundert kaum, wenn man diesen Film gesehen hat: Richtig leiden kann sich keines der Völker, jeder zieht über den Nachbarstaat her; die Wunden der Vergangenheit zeigen sich in den diversen Leninstatuen in unterschiedlichem Zustand des Verfalls. Und dabei sind die Mafiakontakte, Bestechungs- und Schutzgelder, die Mucha auf seiner Reise zahlen musste, um überhaupt weiterzukommen, gar nicht im Film enthalten.
TRISTIA erzählt nämlich nicht von Schwierigkeiten. TRISTIA bietet eine fröhlich-satirische Kulturschau, in der mit Augenzwinkern das Kuriose, das Absurde im Menschenschlag, der sich um das Schwarze Meer herum findet, beleuchtet wird, amüsant und anschaulich. Etwas ganz anderes als die trockenen Korrespondentenberichte, die uns sonst aus dieser Gegend erreichen.

Harald Mühlbeyer

Details

Originaltitel: Tristia: A Black Sea Odyssey
Deutschland 2014, 98 min
Genre: Dokumentarfilm
Regie: Stanislaw Mucha
Drehbuch: Stanislaw Mucha
Kamera: Andrzej Król
Schnitt: Hanka Knipper
Musik: Moritz Denis, Eike Hosenfeld, Tim Stanzel
Verleih: MFA+ Filmdistribution
FSK: oA
Kinostart: 19.03.2015

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