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Toubab

Potenzial zum Kultfilm

Babtou droht die Abschiebung, also heiratet er seinen besten Freund Dennis. Was im Genre „Männerfreundschaft“ sonst eher Subtext ist, wird hier zum Kernthema: heterosexuelle Liebe zwischen zwei Männern, die lernen, zu ihren Gefühlen zu stehen.

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Was ist Babtou (Farba Dieng) auch bloß für ein knuffiger Chaot: Gerade aus dem Knast entlassen, gerät er ohne böse Absicht gleich wieder in Konflikt mit der Polizei. Weil er keinen deutschen Pass und es mit rassistischen Beamten zu tun hat, droht ihm die Abschiebung aus seiner Heimatstadt Frankfurt in den Senegal, das Land, aus dem seine Eltern einst geflüchtet sind. Die Suche nach einer Frau, mit der er eine Scheinehe eingehen könnte, verläuft erfolglos – also heiratet er kurzerhand seinen besten Freund Dennis.
In dieser Prämisse steckt so viel drin: Lässiger Gangsterfilm? Abschiebungsdrama? Buddykomödie? Die Antwort: Ja, aber. TOUBAB ist ein mitreißend gestaltetes Überraschungspaket mit einer verdammt clever erzählten Geschichte. Florian Dietrich und seine Crew sorgen mit visuellem Humor und schnittigen Dialogen dafür, dass es nie langweilig wird. Gleichzeitig zeichnen sie die Milieus, die im Film gestreift werden, mit viel Sorgfalt – von Babtous Nachbarschaft und der Gang, die hier ihre Geschäfte macht, bis zur Autowerkstatt, in der Dennis arbeitet. Und auch schwule und lesbische Charaktere und Frankfurts queere Szene werden respektvoll und klischeefrei dargestellt. Wie Babtou und Dennis nach und nach ihre internalisierte Homophobie ablegen, ist wunderschön mit anzusehen.
Letztlich geht es aber nicht um schwule, sondern vielmehr um heterosexuelle Liebe zwischen zwei Männern, die lernen, zu ihren Gefühlen zu stehen. Was im Genre „Männerfreundschaft“ sonst eher Subtext ist, wird hier zum Kernthema. So wird nicht nur das System rund um die deutsche Staatsbürgerschaft infrage gestellt, sondern auch der Stellenwert heterosexueller Paarbeziehungen. Farba Dieng sticht aus dem durchweg guten Cast noch einmal deutlich hervor. TOUBAB, der vielleicht beste jemals gedrehte Frankfurt-Streifen, hat das Potenzial zum Kultfilm.

Eva Szulkowski

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