Neue Notiz
The Lobster
Meilenstein des dystopischen Kinos
THE LOBSTER führt in eine Welt, die genauso wie unsere aussieht, in der aber eigenartige Regeln herrschen. Weil seine Frau ihn verlässt, muss David (Colin Farrell mit einem mutlosen Schnauzbart) in einer Art Hotel einchecken, in dem Singles 45 Tage lang Zeit haben, einen neuen Partner zu finden.
THE LOBSTER von Yorgos Lanthimos (DOGTOOTH, ALPEN), der im vergangenen Jahr im Wettbewerb von Cannes lief und dort unter anderem mit dem großen Preis der Jury und dem Palm Dog, dem Preis für den besten Filmhund, ausgezeichnet wurde und auch ansonsten zahlreiche Festivalpreise weltweit eingesammelt hat, wird als Meilenstein in die Geschichte des dystopischen Films eingehen.
THE LOBSTER führt in eine Welt, die genauso wie unsere aussieht, in der aber eigenartige Regeln herrschen. Weil seine Frau ihn verlässt, muss David (Colin Farrell mit einem mutlosen Schnauzbart) in einer Art Hotel einchecken, in dem Singles 45 Tage lang Zeit haben, einen neuen Partner zu finden. Misslingt das, werden sie in ein Tier ihrer Wahl verwandelt. An der Rezeption befragt ihn die Rezeptionistin nach der exakten Länge und sexuellen Ausrichtung seiner bisherigen Beziehungen und bittet ihn, sich zwischen den Optionen heterosexuell und homosexuell zu entscheiden. David fragt, ob auch bisexuell möglich sei. „Diese Option bieten wir seit einiger Zeit nicht mehr an.“
David erhält ein Zimmer zugewiesen und eine Einführung, dann wird einer seiner Arme hinter den Rücken gebunden - als kleine Lektion, dass zwei Dinge zusammen besser sind als eins alleine. Die absurden Routinen des Hotels sind voll von solchen kleinen grausamen Lektionen zum Nutzen von Partnerschaften, die den Bewohnern von den Angestellten mit der Gefühllosigkeit und Präzision eines Uhrwerks appliziert werden. Unwillkürlich denkt man dabei auch an die Lektionen, die Griechenland in den vergangenen Jahren über sich hat ergehen lassen müssen, mit gebunden Händen, vor der Wahl, als willenloses Rädchen in einer erbarmungslosen Maschine zermürbt zu werden oder in der sie umgebenden Wildnis zu krepieren . Aber zurück zu David.
Während die Angestellten an ein mechanisches Räderwerk erinnern, liegt eine somnambule Lethargie über den von ihnen verwalteten Singles. Sie zeigt sich in den ausdruckslosen Gesichtern, den tonlosen Stimmen, der statischen Kamera und den entsättigten Farben. Wie unter Drogen schlurft David durch den Tag und ist scheinbar gar nicht daran interessiert, auch nur nach einer Partnerin zu suchen. Auch die anderen Insassen – die Singles genauso wie die Verpartnerten, die in den Zweiertischbereich des Speisesaals wechseln dürfen, bevor als ultimativer Partnertest vor der Entlassung zwei Wochen auf einer Yacht folgen – scheinen als Wesenskern ein totes Häuflein Asche in sich zu tragen. Mehr noch als auf einen Ausweg für David hofft man, dass irgendwo bei irgendwem noch ein Funken in der Asche übrig ist, der zu glimmen anfangen könnte.
THE LOBSTER beschreibt einen absolut ausweglosen Zustand, der in allen Betroffenen eine tiefe, willenlose Depression auslöst. Er tut das in einem völlig überraschenden, noch nie gesehenen Szenario und mit einem finsteren beißenden Humor, der wie eine Waffe wirkt. Wenn Lanthimos die zweite Hälfte von THE LOBSTER noch um ca. 20 Minuten gekürzt hätte, wäre THE LOBSTER ein makelloses surreales Meisterwerk, so ist er einfach nur: sehr, sehr böse und sehr, sehr gut.
Und der Hund? Das ist Davids Bruder Bob, der vor einigen Jahren Gast im Hotel war.
Frankreich/ Irland/ Großbritannien/ Niederlande/ Griechenland 2015, 118 min
Sprache: Englisch
Genre: Satire, Liebesgeschichte
Regie: Giorgos Lanthimos
Drehbuch: Giorgos Lanthimos, Efthymis Filippou
Kamera: Thimios Bakatakis
Schnitt: Yorgos Mavropsaridis
Verleih: Sony Pictures
Darsteller: Colin Farrell, Rachel Weisz, Ben Whishaw, Léa Seydoux, John C. Reilly, Jessica Barden, Ariane Labed
Kinostart: 05.05.2016
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