DAS GULLSPÅNG GEHEIMNIS ist ohne jeden Zweifel einer der wildesten und unterhaltsamsten Dokumentarfilme des Jahres. Eines Tages kontaktieren die Schwestern May und Kari die Regisseurin Maria Frederiksson. Sie hätten ein Wunder erlebt! Eigentlich sei May nur auf der Suche nach einem Bild für ihre Küche gewesen, gewünscht hätte sie sich ein Obst-Stillleben. Dann hätten sie diese Wohnung besichtigt, und dort hätte genau das Bild gehangen, offenbar ein Zeichen von Gott. Die Verkäuferin, Olaug, hätte dann eine wahrhaft verblüffende Ähnlichkeit mit ihrer verstorbenen älteren Schwester Lita gehabt …
Es stellt sich heraus, dass Lita eine Zwillingsschwester gehabt hat, von der niemand etwas wusste, aber das ist nur der Anfang. Von Beginn an lässt sich Frederiksson in ihrer Inszenierung auf die verschlungene Erzählweise der drei Geschwister ein, und folgt ihrer Spurensuche, die immer überraschendere Zusammenhänge zum Vorschein bringt. Die berührende Wundergeschichte um eine wiedergefundene Schwester wandelt sich zu einer über die Verbrechen der Nazis in Norwegen, wird dann zum Familiendrama als die sehr christliche Familie von May und Kari mit der gebildeteren Olaug aneinandergerät, und landet schließlich bei True Crime. Immer mehr Ungereimtheiten tauchen auf, die Interpretationen der beteiligten Personen beginnen, einander zu widersprechen, und irgendwann ist auch die Regisseurin verwickelt.
DAS GULLSPÅNG GEHEIMNIS ist eine aberwitzige und sehr amüsant inszenierte Achterbahnfahrt durch Enthüllungen und Gefühle, die mehr Fragen stellt, als sie beantwortet, und dabei ins Nachdenken bringt – über gefühlte und echte Familie, über Wahrheit und Lüge, über den Umgang mit der eigenen Geschichte und über die verschiedenen Perspektiven, aus denen sich ein Leben erzählen lässt.

Toni Ohms