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The Favourite

Pures, unmoralisches Kinovergnügen

So schön wie Yorgos Lanthimos in THE FAVOURITE hat lange niemand mehr Bosheit, Lug und Trug inszeniert.

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So schön und so komisch wie Yorgos Lanthimos in THE FAVOURITE hat lange niemand mehr Bosheit, Lug und Trug inszeniert. Der Film erzählt eine relativ wahre Geschichte aus der Regierungszeit der britischen Queen Anne (1702-1714), Enkelin von Mary Stuart und die letzte Stuart auf dem britischen Thron. Die Königin (Olivia Colman) leidet an Gicht und Verdauungsproblemen, verlässt nur in einer Sänfte ihre Gemächer, in denen sich Kaninchen als Memento der Tragödie ihres Lebens tummeln. Die Regierungsgeschäfte und Verhandlungen mit dem Parlament liegen in der Hand ihrer Vertrauten und Favoritin Sarah Churchill, Duchess of Malborough (Rachel Weisz), einer Kindheitsfreundin, die das Vertrauen der Königin genießt. Sarah versucht, die Königin von einer Steuererhöhung zu überzeugen, um den Spanischen Erbfolgekrieg, bei dem ihr Gatte John Churchill als Oberbefehlshaber der britischen Truppen Ruhm zu erringen sucht, weiter zu finanzieren. Am Hof erscheint, aus einer Dreckpfütze auferstanden, Sarahs verarmte Cousine Abigail (Emma Stone). Weil sie eine Salbe kennt, die der Gicht der Königin Linderung bringt, aber auch, weil die niedliche Neue ein anregendes erotisches Divertissement verspricht, ernennt die Königin sie zu ihrer Kammerzofe. Als Abigail sich mit der gegnerischen Partei verbündet und Einfluss auf die Königin gewinnt, eskalieren die Intrigen zu einem erotischen und politischen Duell zwischen Sarah und Abigail, bei dem die beiden Favoritinnen sich nichts schenken.
Größtenteils im barocken Hatfield House gedreht, und größtenteils mit Barockmusik von Händel, Vivaldi und Purcell unterlegt, ist THE FAVOURITE ein groteskes Fest für die Augen, denn die Fallhöhe von der Eleganz und Kultiviertheit des Dekors zur Dekadenz der Heldinnen in ihrer bizarren Dreiecksbeziehung ist gewaltig. Robbie Ryan, der seinen Durchbruch als Andrea Arnolds Kameramann hatte, filmt hier meistens mit einem extremen Weitwinkelobjektiv, das jeden Korridor zum absurd schicken Höllentor macht, und die Darstellerinnen sind brillant, vor allem Olivia Coleman als schnaufende, debile, gerissene, launisch-brutale, infantile und todtraurige Königin schafft es, bei aller unbändigen Lust am Witz, die menschliche Zerrissenheit ihrer Figur zu zeigen. Yorgos Lanthimos‘ Film ist ein pures unmoralisches Kinovergnügen und vermutlich die gelungenste Intrigengeschichte seit GEFÄHLRICHE LIEBSCHAFTEN.

Tom Dorow

Details

Irland/Großbritannien 2018, 120 min
Sprache: Englisch
Genre: Drama, Historischer Film, Komödie
Regie: Yorgos Lanthimos
Drehbuch: Deborah Davis, Tony McNamara
Kamera: Robbie Ryan
Schnitt: Sam Sneade
Verleih: Twentieth Century Fox
Darsteller: Emma Stone, Rachel Weisz, Nicholas Hoult, Olivia Colman
FSK: 12
Kinostart: 24.01.2019

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