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Tagundnachtgleiche

Geheimnisvolle Unbekannte

Der schweigsame Alexander beginnt eine leidenschaftliche Affäre mit der Varietékünstlerin Paula. Kurz darauf ist die schöne Unbekannte tot, und Alexander dreht frei.

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Alexander ist ein Schweiger. Eigentlich ein belesener Klassikliebhaber repariert er lieber alleine Fahrräder in seiner Werkstatt, als unter Menschen zu gehen. Ab und an unverbindlicher Sex mit der Kneipenwirtin von nebenan und jede Menge Zigaretten und Schnaps bringen ihn durch die Tage. Im Inneren des nicht mehr ganz jungen Mannes scheint vieles Baustelle zu sein, was Regisseurin Lena Knauss in ihrem Spielfilmdebut aber nur andeutet. Es spiegelt sich beispielsweise im Interieur seiner gewollt unfertig wirkenden Altbauwohnung, von der aus Alexanders Blick immer wieder zum Fenster gegenüber schweift. Dort schwingt Paula, eine geheimnisvolle Varietékünstlerin, des Nachts ihre Reifen. Wie eine Motte dem Licht entgegen, treibt es Alexander aus dem Haus in ihre Arme. Es kommt zu einer Begegnung, die alles verspricht: Leidenschaft, Aufbruch und die große Liebe. Doch schon am nächsten Tag ist die schöne Unbekannte tot und Alexander dreht frei.
Mit großer Geste inszeniert Knauss Alexanders obsessive Visionen und spart dabei nicht an Pathos, lässt ihn abgrundtief leiden und lügen – alles um an der Beziehung mit Paula festzuhalten, die es nur in seinem Kopf gibt. Marlen, Paulas Schwester, durchschaut sein Spiel, während ihre Eltern nur zu gerne an den neu gefundenen Schwiegersohn in Spe glauben wollen. Auch sie wollen sich das Bild einer perfekten Tochter rekonstruieren. Ob es Knauss wirklich ernst meint mit ihrer melodramatischen Inszenierung des Martyriums eines Mannes, der nur eventuell durch die geduldige und sehr irdische Marlen errettet werden kann, wird nicht ganz klar. Oder persifliert sie mit dem Jagen nach dem Phantom der wilden, leidenschaftlichen Frau die Besessenheit unserer Zeit mit den Oberflächen der Social-Media-Profile?

Susanne Kim

Details

Originaltitel: Tagundnachtgleiche – Equinox
Deutschland 2020, 110 min
Genre: Drama
Regie: Lena Knauss
Drehbuch: Lena Knauss
Kamera: Katharina Bühler
Schnitt: Julia Kovalenko
Musik: Moritz Schmittat
Verleih: farbfilm Verleih
Darsteller: Thomas Niehaus, Sarah Hostettler, Aenne Schwarz, Godehard Giese, Ines Marie Westernströer
FSK: 16
Kinostart: 18.11.2021

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