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Supermarkt

Absolut zeitlos

Alles läuft, natürlich, auf den großen Coup hinaus, aber Klick vermeidet die Klischees des Genres, sucht immer wieder spürbar das Authentische an den Figuren, am Milieu, am Alltag auf den Straßen.

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Ausreißen, wegrennen, irgendwo unterschlüpfen. Willy ist langhaarig und arbeitsscheu, schon von daher verdächtig, ist Traumtänzer und Nichtsnutz, gibt sich als harter Hund, ist eigentlich ’ne kleine Hinterhofratte, ist jugendlicher Romantiker und ganz und gar unzuverlässig. Doch Roland Klick hat mit diesem Typen kein Sozialdrama im Sinn, sondern einen Gangster-Actionfilm im authentischen Hamburg-Milieu. Und das liefert der Film auch, eine Kriminellenballade, von der sich Fatih Akin oder Thomas Arslan einiges abgeschaut haben dürften.

50 Jahre ist es jetzt her, dass SUPERMARKT rauskam, und ja: der Film ist absolut zeitlos. Willy setzt sich zwischen alle Stühle, da ist der wohlmeinende Journalist, der an dieser Straßenfigur sein Gutmenschentum ausleben will (Michael Degen), da ist ein schmieriger Ganove, der Willy für sich einspannen will (Walter Kohut), da ist ein Luxus-Schwuler, der sich einen Lustknaben sucht (Hans-Michael Rehberg), und da ist Eva Mattes als Hure mit Blondperücke, mit der Willy seine Utopie vom Abhauen verwirklichen will. Charly Wierczejewski spielt diesen Willy, ihn hat Klick tatsächlich von der Straße geholt, eines der vielen Wohnheimkids, die nicht in die Gesellschaft passten …

Alles läuft, natürlich, auf den großen Coup hinaus, aber Klick vermeidet die Klischees des Genres, sucht immer wieder spürbar das Authentische an den Figuren, am Milieu, am Alltag auf den Straßen. Aus den gegenläufigen Bewegungen seiner Figuren choreografiert er die Dynamik seines Films. Und Jost Vacano bewegt sich mit seiner Kamera mitten hinein, nimmt auf, was vor ihm geschieht, und potenziert damit die Power, die SUPERMARKT ausstrahlt.

Der Film ist nicht gealtert. Wie es Vacano sagt: „Wenn man’s heute machen würde, wären lediglich die Haare etwas kürzer, die Autos etwas moderner.“ Jetzt ist er wieder im Kino – ein Erlebnis.

Harald Mühlbeyer

Details

Deutschland 1974, 80 min
Genre: Drama, Krimi
Regie: Roland Klick
Drehbuch: Roland Klick, Georg Althammer, Jane Sperr
Kamera: Jost Vacano
Schnitt: Jane Sperr
Musik: Peter Hesslein
Verleih: filmgalerie 451
Darsteller: Charly Wierczejewski, Michael Degen, Walter Kohut, Michael Rehberg, Eva Mattes
FSK: 16
Kinostart: 03.10.2024

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