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Sparta

Konstantes Unwohlsein

Ewald ist Kraftwerkskontrolleur in Rumänien. Seinen Wohlstand und die Ahnungslosigkeit der Landbevölkerung nutzt er, um in einem Dorf eine kostenfreie „Judoschule“ für kleine Jungen namens Sparta zu eröffnen.

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SPARTA hatte vor seiner geplanten und dann abgesagten Uraufführung beim Toronto Film Festival mit einem Skandal zu kämpfen: Der Spiegel berichtete von körperlichen Übergriffen auf die Kinderschauspieler, mehrere Mitarbeiter*innen dementierten die Vorwürfe gegen Seidl, und der Regisseur selbst hat rechtliche Schritte eingeleitet.
SPARTA ist das Gegenstück zu Ulrich Seidls RIMINI - zunächst waren die Filme als ein Langfilm geplant. Während RIMINI dem abgehalfterten Schlagersänger Richie Bravo beim Überlebenskampf im tristen Idyll einer italienischen Urlaubshochburg folgt, porträtiert SPARTA seinen Bruder Ewald, der Kraftwerke in Rumänien kontrolliert. Die Beziehung zu seiner rumänischen Freundin beendet Ewald, denn er kann seine pädophilen Neigungen nicht länger vor sich verbergen. Seidls durchgehender Faszination mit österreichischen Privatkolonisierungen entsprechend, nutzt Ewald seinen Wohlstand und die Ahnungslosigkeit der Landbevölkerung, um in einem Dorf eine kostenfreie „Judoschule“ für kleine Jungen namens „Sparta“ zu eröffnen. Im Kontrast zur gewalttätigen Erziehung zuhause setzt Ewald in seiner Festung auf Spiel und Spaß. Er nutzt er das Vertrauen der Kinder aus, um sie bei jeder Gelegenheit zu fotografieren, zu streicheln oder gemeinsam mit ihnen zu duschen; doch neben der Ausbeutung bringt er den Jungen auch ehrliche Anteilnahme und Fürsorge entgegen. SPARTA ist nicht so glamourös wie RIMINI, aber um einiges komplexer. Während man Richie Bravo mit Ekel und Belustigung durch seine Nebensaison-Geschäfte folgte, erzeugt SPARTA Anteilnahme für alle Beteiligten, eingebettet in ein konstantes Unwohlsein. Auch ohne die umstrittenen Dreharbeiten wird dieses Unwohlsein noch durch die Mechanismen eines Films verstärkt, für den objektivierende Bilder von ahnungslosen Kinderschauspielern produziert werden.

Yorick Berta

Details

Österreich 2022, 101 min
Genre: Drama, Tragikomödie
Regie: Ulrich Seidl
Drehbuch: Ulrich Seidl, Veronika Franz
Kamera: Wolfgang Thaler, Serafin Spitzer
Schnitt: Mona Willi, Andrea Wagner
Verleih: Neue Visionen Filmverleih
Darsteller: Georg Friedrich, Florentina Elena Pop, Hans-Michael Rehberg, Marius Ignat, Octavian-Nicolae Cocis
Kinostart: 18.05.2023

Website
IMDB

Vorführungen

Keine Programmdaten vorhanden.

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