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Son of Saul

László Nemes verstörendes Debüt

1944. Der Ungar Saul Ausländer ist Mitglied des Sonderkommandos in Auschwitz-Birkenau, der Gruppe von Häftlingen, die von den Nazis gezwungen wurden, in den Gaskammern und Krematorien zu arbeiten. Eines Tages sieht Saul dort einen Jungen, den er für seinen Sohn hält. Er versucht das Unmögliche: ein Begräbnis für das Kind auszurichten.

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Bei der letztjährigen Berlinale wurde SON OF SAUL von Lásló Nemes für den Wettbewerb abgelehnt, später gewann der Film in Cannes den Großen Preis der Jury und den FIPRESCI-Preis der Filmkritik. Für den Oscar als bester ausländischer Film ist SON OF SAUL ebenfalls nominiert. SON OF SAUL will vor allem die „Sonderkommandos“ in den Nazi-Vernichtungslagern rehabilitieren – jüdische Gefangene, die gegen geringfügige Vergünstigungen andere Juden in die Gaskammern führen mussten, deren Kleidung nach Wertsachen durchsuchen, die Gaskammern reinigen und die Leichen in die Krematorien transportieren mussten. Basierend auf Tagebüchern von Angehörigen der Sonderkommandos spielt SON OF SAUL im Oktober 1944, unmittelbar vor einem Aufstand der Sonderkommandos, die wussten, dass sie nach einer gewissen Einsatzzeit erschossen und durch andere Gefangene ausgetauscht werden würden. Auch Saul Ausländer ist in die Vorbereitungen des Aufstands involviert. Die Kamera fokussiert fast immer Saul, wobei die Hintergründe unscharf bleiben. Das deutet Sauls Perspektive auf das ihn umgebende Grauen an, das er mit streng auf den Boden gerichtetem Blick ausblenden muss. Nemes zieht uns aber gerade mit diesem beschränkten Blick umso mehr in den Schrecken hinein. Der Ton, die Schreie, die gebrüllten Befehle, die Schüsse, die verlogenen Beschwichtigungen der deutschen Mörder, die geflüsterten Gespräche der Gefangenen, die flüchtigen, unscharfen Bilder der beiläufigen Grausamkeiten und der verdreckten, so chaotischen wie systematischen Mordmaschine am Rande des Zusammenbruchs vermitteln einen körperlichen Eindruck vom furchtbarsten Ort der Geschichte. In einer der Gaskammern hat ein kleiner Junge überlebt, nackt auf dem Boden liegend schnappt er nach Luft. Ein deutscher Arzt ermordet den Jungen noch einmal, gründlicher. Saul glaubt, in dem Jungen seinen Sohn zu erkennen, und legt alles daran, ihn zu begraben und einen Rabbi zu finden, der das Kaddisch spricht. Ein ebenso gefährliches wie irrationales Unterfangen, denn Rabbis werden sofort erschossen, wenn sie sich zu erkennen geben, und es gibt keinen Ort für ein Begräbnis im Lager. SON OF SAUL ist ein Film, der bleiben wird, und der in seiner Intensität und Bedeutung höchstens noch mit SHOAH – Claude Lanzmann hat SON OF SAUL übrigens seinen Segen gegeben – und mit Pasolinis SALÓ vergleichbar ist.

Tom Dorow

Details

Originaltitel: Saul Fia
Ungarn 2015, 107 min
Sprache: Ungarisch, Jiddisch, Deutsch
Genre: Drama, Historischer Film
Regie: László Nemes
Drehbuch: László Nemes, Clara Royer
Kamera: Mátyás Erdély
Schnitt: Matthieu Taponier
Musik: László Melis
Verleih: Sony Pictures Germany
Darsteller: Géza Röhrig, Sándor Zsótér, Marcin Czarnik
FSK: 16
Kinostart: 10.03.2016

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