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Soll ich Dich einem Sommertag vergleichen?

Ein Liebesrausch

Ein Märchen, eine Performance, ein Musical. Zitate des Schriftstellers Rabih Alameddine mischen sich mit solchen aus ägyptischen Pop-Songs. Das poetische Langfilmdebüt Hassans ist ein kleiner Liebesrausch, ein Sinnieren über queeres Leben und Lieben – und wie jedes gute Märchen mit Happy End.

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Der Mond erzählt eine Geschichte von zwei Männern, die sich verlieben. Oder ist das Scheherazade und gar nicht der Mond, der wie eine Diskokugel über den beiden hängt? Im Bild ist nur einer der Männer zu sehen, in einem Raum aus Neonlichtern und Farbe. Ein Chor verflossener Liebhaber gesellt sich dazu, flackernde Lichter, die Frage nach der ersten Liebe, der zweiten, dritten erfüllen den Raum. Im Erzählen kommen neue Geschichten auf, mal als märchenhafte Animation über Meermänner und ihre heimlichen Geliebten, mal als sexy Erinnerung an eine Clubnacht mit Dreier. Die Männer sitzen vor einem Green-Screen, dahinter Farben, ein Wald, ein Strand, Wohnungen, Fahrten, Porträts. Sie erzählen direkt in die Kamera und aus den Bekenntnissen wird immer mehr ein Dialog mit dem, der hinter der Kamera sitzt. „Wie war das, als wir uns liebten?“, fragt er.

Aber es wird nicht nur rekapituliert, was zwischen Grindr, Polyamorie, Lieben und Verlusten passierte. Es wird auch gesungen. Ein Märchen, eine Performance, ein Musical. Zitate des Schriftstellers Rabih Alameddine mischen sich mit solchen aus ägyptischen Pop-Songs. Mehr und mehr wird dieser Raum vor dem Green-Screen zum Safe-Space, in dem die Männer ihr Begehren und ihre Beziehungen verhandeln. Verletzlich, zärtlich, lust- und hoffnungsvoll. Regisseur Mohammad Shawky Hassan greift auf traditionelle Erzählschemata und Bilder zurück und versetzt sie in eine queere, arty Gegenwart. Er verwebt die individuellen Erinnerungen zu einem kollektiven Erfahrungsraum, der zwischen Ägypten, Libanon und Berlin schwebt, eine magische, neon-schimmernde Seifenblase. So fragil und fantastisch wie die Liebe selbst. Das poetische Langfilmdebüt Hassans ist ein kleiner Liebesrausch, ein Sinnieren über queeres Leben und Lieben – und wie jedes gute Märchen mit Happy End.

Clarissa Lempp

Details

Originaltitel: Bashtaalak sa'at
Ägypten/Libanon/Deutschland 2022, 66 min
Sprache: Arabisch, Englisch
Genre: Liebesgeschichte, Musical
Regie: Mohammad Shawky Hassan
Drehbuch: Mohammad Shawky Hassan
Kamera: Carlos Vasquez
Schnitt: Carine Doumit
Musik: Amen Feizabadi
Verleih: Edition Salzgeber
Darsteller: Donia Massoud, Ahmed El Gendy, Salim Mrad, Nadim Bahsoun, Hassan Dib, Ahmed Awadalla
Kinostart: 29.09.2022

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